Bearbeiten von „Spital Grenchen“
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=== Der Polen Adler === | === Der Polen Adler === | ||
− | In der Liste der Donatoren des Spitalfonds figuriert der polnische General [[Graf Marian von Langiewicz | Langiewicz]]. Der mathematisch Hochbegabte diente vorerst als Artillerieoffizier im Preussischen Heer. | + | In der Liste der Donatoren des Spitalfonds figuriert der polnische General [[Graf Marian von Langiewicz | Langiewicz]]. Der mathematisch Hochbegabte diente vorerst als Artillerieoffizier im Preussischen Heer. 1860 übernahm der damals 33-Jährige eine Lehrstelle an der neuen Militärschule von Paris. 1861 beteiligte er sich als Adjutant des Generals von Milbitz an der Eroberung Neapels durch Garibaldi. Hier dürfte er mit den Anhängern des Risorgimento in Kontakt getreten sein und hörte sicher auch von Giuseppe Mazzini. Im gleichen Jahre versuchten die Polen, sich aus der Russischen Herrschaft zu befreien. Der offene Aufstand brach dann 1863 aus. General Marian Langiewicz stellte sich an die Spitze der Bewegung, ernannte sich am 10. März [[1863]] zum Diktator Polens und setzte gleichzeitig eine zivile Regierung ein. Bereits am 19. März musste er jedoch abdanken, und die Russen übernahmen erneut die Herrschaft über Polen. Langiewicz wurde auf der österreichischen Festung Josefsstadt inhaftiert. |
− | Bereits am 23. Dezember | + | Bereits am 23. Dezember 1863 wurde er einstimmig ins Bürgerrecht Grenchens aufgenommen. Dank dieses Beschlusses kam der General frei. |
− | Am 30. März [[1865]] besuchte Langiewicz seinen neuen Heimatort. Weil er wieder in seine frühere Heimat Österreich-Polen zurückkehren wollte, glaubte | + | Am 30. März [[1865]] besuchte Langiewicz seinen neuen Heimatort. Weil er wieder in seine frühere Heimat Österreich-Polen zurückkehren wollte, glaubte Langiewicz auf sein Bürgerrecht verzichten zu müssen. Als Geschenk liess er seinem Heimatort 600 Franken zu Gunsten des Spitalfonds überweisen. |
=== Immer wieder Erbschaften === | === Immer wieder Erbschaften === | ||
− | Auffallend oft wurde der Spitalfonds in Testamenten erwähnt. Noch im Gründungsjahr übergaben die Erben von Franz Rust 500 Franken und die Nachkommen von Johann Viktor Schürer weitere 1'000 Franken. Die Witwe Pequignot-Girard vermachte der Stiftung vier Grundstücke im Möösli und in der Neuen Zelg. Der Wert der Grundstücke wurde auf 5'240 Franken geschätzt. Die Gemeinde engagierte sich für den Fonds und übergab die Gebühren für Schaustellungen, Konzertbewilligungen und die Taxen für Hausiererpatente. Auf diese Weise kamen im Jahre | + | Auffallend oft wurde der Spitalfonds in Testamenten erwähnt. Noch im Gründungsjahr übergaben die Erben von Franz Rust 500 Franken und die Nachkommen von Johann Viktor Schürer weitere 1'000 Franken. Die Witwe Pequignot-Girard vermachte der Stiftung vier Grundstücke im Möösli und in der Neuen Zelg. Der Wert der Grundstücke wurde auf 5'240 Franken geschätzt. Die Gemeinde engagierte sich für den Fonds und übergab die Gebühren für Schaustellungen, Konzertbewilligungen und die Taxen für Hausiererpatente. Auf diese Weise kamen im Jahre 1923 weitere 1‘133 Franken in den Fonds. |
− | Die Ortsvereine setzten sich mit sehr grossem Engagement für den Spitalfonds ein. [[1885]] organisierte die Unteroffiziersmusik eine Tombola, deren Erlös von 150 Franken in den Fonds floss. [[1889]] wurde in der Gemeinde eine weitere Tombola durchgeführt. Der Ertrag von stolzen 1'631 Franken wurde in den Fonds gelegt, und schliesslich sei daran erinnert, dass der | + | Die Ortsvereine setzten sich mit sehr grossem Engagement für den Spitalfonds ein. [[1885]] organisierte die Unteroffiziersmusik eine Tombola, deren Erlös von 150 Franken in den Fonds floss. [[1889]] wurde in der Gemeinde eine weitere Tombola durchgeführt. Der Ertrag von stolzen 1'631 Franken wurde in den Fonds gelegt, und schliesslich sei daran erinnert, dass der Cercle Romand 1912 dank einer Tombola 1'332 Franken abliefern konnte. Am 18. Januar [[1924]] befanden sich 168'270 Franken im Spitalfonds. |
== Die Gemeindenotfallstube == | == Die Gemeindenotfallstube == | ||
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== Das Spital im Tripoli == | == Das Spital im Tripoli == | ||
− | {{File.BildRechts|Breite=500|Bild=Tripoli Spital.jpg|Text=Spital im Tripoli | + | {{File.BildRechts|Breite=500|Bild=Tripoli Spital.jpg|Text=Spital im Tripoli}} |
=== Grenchens erstes Spital befand sich im Tripoli === | === Grenchens erstes Spital befand sich im Tripoli === | ||
− | [[1912]] wurde mit dem Bau des [[ | + | [[1912]] wurde mit dem Bau des [[Grenchenbergtunnels begonnen. Im Tripoli, der Wohnsiedlung der am Tunnelbau beteiligten italienischen Spezialarbeiter und ihrer Familien, liess die Bauleitung ein kleines, aber offenbar gut eingerichtetes Spital erbauen. Im Schlussbericht <ref>Schlussbericht über den "Bau der normalspurigen Hauptlinie Münster-Lengnau", Selbstverlag der BLS 1917</ref> an das Schweiz. Post- und Eisenbahndepartement aus dem Jahre 1917 finden wir folgende Ausführungen: |
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Sämtliche Patienten aus dem Umkreis der Tunnelbauer und ihrer Angehörigen wurden hier im kleinen Spital<ref>"50 Jahre Samariterverein Grenchen" Jubiläumsschrift, Niederhäuser AG, Grenchen, 1948</ref> an der Alpenstrasse behandelt. Eine Ausnahme gab es jedoch für jene Kranken, die eine Spezialbehandlung nötig hatten. | Sämtliche Patienten aus dem Umkreis der Tunnelbauer und ihrer Angehörigen wurden hier im kleinen Spital<ref>"50 Jahre Samariterverein Grenchen" Jubiläumsschrift, Niederhäuser AG, Grenchen, 1948</ref> an der Alpenstrasse behandelt. Eine Ausnahme gab es jedoch für jene Kranken, die eine Spezialbehandlung nötig hatten. | ||
− | Am 1. Oktober | + | Am 1. Oktober 1915 wurde der Fahrbetrieb auf der Strecke Lengnau – Grenchen – Moutier aufgenommen. Doch die Geschichte des kleinen Spitals im Tripoli war damit noch längst nicht zu Ende. |
=== Die Gemeinde zeigt grosses Interesse === | === Die Gemeinde zeigt grosses Interesse === | ||
− | Im September | + | Im September 1915 beschäftigte sich der Gemeinderat<ref>Gemeinderatsprotokoll 14. September 1915</ref> nicht zum ersten Mal mit der Frage, ob im „Spitäli“ ein Absonderungshaus oder eine Notfallstube eingerichtet werden sollte. Solche Absonderungshäuser wurden in allen grösseren Gemeinden der Schweiz eingerichtet. Damit wollte man erreichen, dass epidemisch Erkrankte (Pocken, Grippen etc.) die (noch) Gesunden nicht anstecken konnten. Für Grenchen war es eigentlich eine Notwendigkeit, ein Absonderungshaus einzurichten. |
Die Grenchner Ärzte zeigten sich vom Kauf des Tripoli-Spitals durch die Gemeinde nicht besonders begeistert. Vor allem der Zustand der Kanalisation machte ihnen Sorgen und sie meinten, | Die Grenchner Ärzte zeigten sich vom Kauf des Tripoli-Spitals durch die Gemeinde nicht besonders begeistert. Vor allem der Zustand der Kanalisation machte ihnen Sorgen und sie meinten, | ||
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− | Der Landbesitzer Josef Luterbacher war bereit, das Land, auf dem das Spital „provisorisch“ erstellt worden war, für 15 Rappen pro Quadratfuss (oder 1.65 Franken pro Quadratmeter) zu verkaufen. Diese Offerte schien dem Rat zu hoch zu sein und schliesslich entschied man, auf den Kauf gänzlich verzichten zu wollen. Die | + | Der Landbesitzer Josef Luterbacher war bereit, das Land, auf dem das Spital „provisorisch“ erstellt worden war, für 15 Rappen pro Quadratfuss (oder 1.65 Franken pro Quadratmeter) zu verkaufen. Diese Offerte schien dem Rat zu hoch zu sein und schliesslich entschied man, auf den Kauf gänzlich verzichten zu wollen. Die Gesundheitskommission erhielt den Auftrag, anderswo ein Absonderungshaus zu erbauen. Rund 30'000 Franken sollte dieses gemäss einer sechs Jahre zuvor errechneten Offerte kosten. An diese Investitionen würden Kanton und Bund rund 6'000 Franken leisten, teilte Josef Hof, der Aktuar der Grenchner Gesundheitskommission mit. Die Gesundheitskommission erhielt den Auftrag, eine aktualisierte Vorlage für den Bau eines Absonderungshauses auszuarbeiten. Für die Finanzierung des geplanten Vorhabens solle der Spitalfonds herbeigezogen werden. |
=== Was geschah dann? === | === Was geschah dann? === | ||
− | Offenbar war das Geschäft „Tripoli-Spital“ für den Gemeinderat abgeschrieben. Innerhalb der nächsten drei Monate musste aber einiges geschehen sein, denn am 18. Dezember | + | Offenbar war das Geschäft „Tripoli-Spital“ für den Gemeinderat abgeschrieben. Innerhalb der nächsten drei Monate musste aber einiges geschehen sein, denn am 18. Dezember 1915 reichte der Besitzer des Grundstückes, der bereits bekannte Landwirt Josef Luterbacher, bei der Bauverwaltung die Pläne für die Erweiterung des Hauses um einen nordwestlich gelegenen Operationssaal ein. Was beabsichtigte Luterbacher mit diesem Erweiterungsbau? Die Baupläne wurden vom Grenchner Architekten Otto Stalder ausgefertigt. |
− | Am 21. Dezember | + | Am 21. Dezember 1917, trat in Grenchen ein Pockenfall auf. Damit trat die Geschichte des „Tripoli-Spitals“ in eine neue Phase ein. Dazu Werner Strub<ref name="Strub">Werner Strub „Heimatbuch Grenchen“ Vogt-Schild AG, Solothurn, 1949</ref> im ‚Heimatbuch Grenchen': |
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− | Die Gemeinde hatte in der Zeit zwischen [[1915]] und [[1917]] das kleine Spital erworben und richtete es als Notspital und Absonderungshaus ein. | + | Die Gemeinde hatte in der Zeit zwischen [[1915]] und [[1917]] das kleine Spital erworben und richtete es als Notspital und Absonderungshaus ein. 1917 lebten zwei Familien im Gebäude, die während der Quarantäne der Pockenkranken interniert und durch die Gemeinde verpflegt wurden. Bereits am 6. Februar 1918 wurde die Erkrankte als geheilt aus dem Spitäli entlassen. |
Offenbar wurde das kleine Spital [[1923]] erneut als Absonderungshaus gebraucht. Während einer vier Monate lang dauernde Pockenepidemie wurden hier 35 Patienten gepflegt. Strub<ref name="Strub"/> schreibt: | Offenbar wurde das kleine Spital [[1923]] erneut als Absonderungshaus gebraucht. Während einer vier Monate lang dauernde Pockenepidemie wurden hier 35 Patienten gepflegt. Strub<ref name="Strub"/> schreibt: | ||
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=== Auf eigenen Füssen stehen === | === Auf eigenen Füssen stehen === | ||
In Grenchen starben im Verlaufe der Epidemie 90 Personen, und man rechnet, dass zwischen 60 und 70 Prozent der Bevölkerung erkrankt war. Diese Ereignisse hinterliessen in der Bevölkerung einen tiefen Eindruck. Behörden und Bevölkerung Grenchens hatten festgestellt, dass im Notfall kein Ausweichen auf die Nachbarspitäler möglich ist. Und, eine ähnliche Epidemie konnte jederzeit wieder ausbrechen. Der Gedanke, für die Gemeinde ein eigenes Spital zu schaffen und so im Notfall unabhängig zu sein, prägte sich der Gemeinschaft ein. | In Grenchen starben im Verlaufe der Epidemie 90 Personen, und man rechnet, dass zwischen 60 und 70 Prozent der Bevölkerung erkrankt war. Diese Ereignisse hinterliessen in der Bevölkerung einen tiefen Eindruck. Behörden und Bevölkerung Grenchens hatten festgestellt, dass im Notfall kein Ausweichen auf die Nachbarspitäler möglich ist. Und, eine ähnliche Epidemie konnte jederzeit wieder ausbrechen. Der Gedanke, für die Gemeinde ein eigenes Spital zu schaffen und so im Notfall unabhängig zu sein, prägte sich der Gemeinschaft ein. | ||
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