Hermann Obrecht

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Hermann Obrecht
* 26. März 1882 in Grenchen
† 21. August 1940 in Bern
Bundesrat


Text Ehrentreppe

Hermann Obrecht wurde 1882 in Grenchen geboren. In der Bezirksschule fiel er durch seine Intelligenz auf und wurde ins Lehrerseminar nach Solothurn geschickt. Doch schon bald gab Obrecht den Beruf erst zugunsten des Staatsdienstes, dann zugunsten seiner journalistischen Tätigkeiten wieder auf. Auch seine politische Karriere kam in dieser Zeit ins Rollen: Von 1909-1917 war Obrecht im Solothurner Regierungsrat, 1917-1933 im Solothurner Kantonsrat und 1917-1928 im Nationalrat. Der Generalstreik fällt in Obrechts Zeit als Kantonsrat. Er lehnte die Demonstrationen entschieden ab, jedoch weniger wegen der Forderungen als mehr wegen der Art und Weise des Streikes, der aus seiner Sicht jeder demokratischen Grundlage entbehrte. Er unterstützte deshalb das militärische Eingreifen in Grenchen. 1935 folgte Obrecht auf den zurücktretenden Edmund Schulthess in den Bundesrat und übernahm dessen Volkswirtschaftsdepartement. Als Vorsteher dieses Departements war Obrecht 1939 massgeblich für die Einführung der Lohnersatzordnung (heute Erwerbsersatz) verantwortlich. Im Gegensatz zum Ersten Weltkrieg erhielten die Männer im Aktivdienst nun weiterhin einen Teil ihres Lohnes ausgezahlt. Während seiner Amtszeit wurde er immer wieder sowohl von den Sozialdemokraten wie auch von den Katholisch-Konservativen angefeindet, da er sowohl den Klassenkampf wie auch die religiösen Streitigkeiten ablehnte. Als Obrecht allerdings 1940 aus gesundheitlichen Gründen seine Demission bekannt gab, wurde dies bei den meisten mit Bedauern zur Kenntnis genommen. Nur wenige Monate nach seinem Rücktritt starb Obrecht an einem Herzleiden. Allerdings hatte Obrecht nicht nur als kantonaler und nationaler Politiker seine Spuren hinterlassen: In den 1930er Jahren half er der Uhrenindustrie in seiner Position als Präsident der Allgemeinen Schweizer Uhrenindustrie AG (Asuag) aus der Krise und war zudem Mitglied in diversen Verwaltungsräten wie unter anderem der Metallwerke Dornach, der Solothurnischen Kantonalbank und dem Schweizerischen Bankenverein sowie der Waffenfabrik Solothurn. An der Lindenstrasse steht zu Ehren des Grenchner Bundesrates ein Denkmal von Ernst Sutter.

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Text von Rainer W. Walter

Während fünf Jahren führte Bundesrat Obrecht von 1935 bis 1940 das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement. Als Begründer der Kriegswirtschaft[1] ging er in die Geschichte ein.

Es war keine einfache Zeit, während der Obrecht im Bundesrat wirkte. Unsicherheit, Angst und die Frage, ob das Land dem Nazi-Regime zu widerstehen vermöchte, dürften die Menschen von damals geprägt und ihr Handeln beeinflusst haben. In dieser Situation sagte Bundesrat Obrecht am 16. März 1939 vor der Neuen Helvetischen Gesellschaft die klärenden Worte: „Das Ausland muss es wissen: Wer uns ehrt und in Ruhe lässt, ist unser Freund. Wer dagegen unsere Unabhängigkeit und unsere politische Unversehrtheit angreifen sollte, dem wartet der Krieg.! Wir Schweizer werden nicht zuerst ins Ausland wallfahrten gehen.“ Mit dieser Aeusserung, die an Deutlichkeit nichts vermissen liess und deren Adressat in Berlin sass, sprach er der schweizerischen Bevölkerung aus dem Herzen.

Vom Primarlehrer zum Bundesrat

Hermann Obrecht wurde am 26. März 1882 als ältestes der drei Kinder des von Johann Josef Obrecht und der Anna Maria, geborene Lutiger am Grenchner Geissweg (heute Bettlachstrasse) geboren. Der Vater besass einen kleinen Landwirtschaftsbetrieb und arbeitete als Uhrmacher. Hermann Obrecht war erst zwölf Jahre alt, als der Vater an Tuberkulose starb. Die Mutter eröffnete eine Kostgeberei für Uhrmacher und arbeitete als Heimarbeiterin für die Uhrenindustrie. Hermann war sehr intelligent, besuchte die Bezirksschule und anschliessend das Lehrerseminar. 1901 erhielt er das Lehrerpatent und unterrichtete in Welschenrohr. Bereits 1902 trat er als Kanzlist der Amtschreiberei Solothurn in den Dienst des Staates. Mit 22 Jahren wurde er Sekretär im Finanzdepartement. Drei Jahre später finden wir Obrecht als Redaktor im Team der „Solothurner Zeitung“, die sein Freund Gottlieb Vogt gegründet hatte. 1909 wurde der erst 27jährige als Nachfolger von Finanzdirektor von Arx zum Regierungsrat gewählt.

Neben seiner politischen pflegte Obrecht auch seine militärische Karriere. 1918 war er Kommandant des Solothurner Bataillon 51. Als Oberst war er dann Kommandant der Brigade 7 und schliesslich führte er eine Manöverdivision.

In der Regierung führte Hermann Obrecht neben dem Finanz- auch das Militärdepartement. Als Finanzdirektor machte er sich an die Schaffung einer kantonalen Alters- du Invalidenversicherung und äufnete einen entsprechenden Fonds. – 1917 trat er als Regierungsrat zurück und wurde als Kantonsrat und im gleichen Jahr zum Gemeinderat in Solothurn und Nationalrat gewählt. Zu dieser Zeit war er Teilhaber im Notariats- und Verwaltungsbüro seines Bruders Werner. Obrecht genoss einen hervorragenden Ruf als Finanz- und Wirtschaftsexperte. Deshalb nahm er Einsitz in den Verwaltungsräten verschiedenster Firmen von der Waffenfabrik in Solothurn bis zu den Metallwerken in Dornach. 1931 wurde Obrecht Präsident der für die Wirtschaft unserer Region so wichtigen Allgemeinen Schweizerischen Uhrenindustrie (ASUAG).

Nachdem Bundesrat Schulthess im Februar 1935 seine Demission eingereicht hatte, waren es nicht in erster Linie die Freisinnigen, welche Obrecht wählen wollten, auch andere Parteien, darunter auch Mingers BGB setzten sich für den Grenchner ein. Angesichts der Wirtschaftskrise wollten Politiker verschiedener Couleurs in erster Linie einen Wirtschaftsfachmann im Bundesrat wissen. Am 4. April 1935 wurde Obrecht bei einem absoluten Mehr von 103 im ersten Wahlgang mit 125 Stimmen gewählt. Negativ reagierten die Sozialdemokraten auf Obrechts Wahl. Sie erinnerten sich, dass er während des Generalstreiks scharf für Ruhe und Ordnung eintrat und die von der Linken eingereichte Kriseninitiative vehement bekämpft hatte. Die sozialdemokratische „Berner Tagwacht“ schrieb nach Obrechts Worten, dass die Schweiz nicht wallfahren werde „Das Wort des Herrn Obrecht ist prachtvoll.“

Als Bundesrat verwandte sich Obrecht für die Kriegswirtschaft, die unmittelbar nach Kriegsbeginn wirksam wurde, setzte sich für eine Ersatzordnung der Wehrmänner ein. Obrecht leistete viel und musste mit einer geschädigten Gesundheit büssen. Am 4. April 1940 verstarb Obrechts Frau. Er selber war gesundheitlich stark angeschlagen und reichte am 20. Juni 1940 seine Demission ein. Am 21. August verstarb er.

Quellen

Einzelnachweis

  1. Neue Zürcher Zeitung, 27.07.1999, S. 13, "Schatten des Zweiten Weltkriegs / Hermann Obrecht - vom 'Kanonenkönig' zum Widerstandssymbol / Das Denkmal" ( PDF)

Weblinks