Bearbeiten von „Grippeepidemie von 1918“

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Die Grippeepidemie<ref>{{Weblinks.HistorischesLexikon|Link=//www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D22714.php|Text=Grippe|NoList=True}}</ref> der Jahre [[1918]] und [[1919]] gilt als eine der bösartigsten Epidemien überhaupt. Sie breitete sich pandemisch über die ganze Erde aus. Laut verschiedenen Schätzungen soll diese Grippewelle weltweit 25 bis 50 Mio. Menschenleben gekostet haben.
 
Die Grippeepidemie<ref>{{Weblinks.HistorischesLexikon|Link=//www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D22714.php|Text=Grippe|NoList=True}}</ref> der Jahre [[1918]] und [[1919]] gilt als eine der bösartigsten Epidemien überhaupt. Sie breitete sich pandemisch über die ganze Erde aus. Laut verschiedenen Schätzungen soll diese Grippewelle weltweit 25 bis 50 Mio. Menschenleben gekostet haben.
  
Man spricht heute noch von der "Spanischen Grippe"<ref>{{Weblinks.Wikipedia|Link=//de.wikipedia.org/wiki/Spanische_Grippe|Text=Spanische Grippe|NoList=True}}</ref>. Diese Bezeichnung setzte sich durch, nicht etwa weil die Krankheit in Spanien ausgebrochen wäre, sondern weil Spanien damals ein neutraler Staat war und im Gegensatz zu den kriegführenden Nationen keine Pressezensur kannte. So wurde dort die Oeffentlichkeit erstmals ausführlich über das Ausmass der Seuche orientiert. Daraus erklärt sich wahrscheinlich die Herkunft der Bezeichnung "Spanische Grippe".
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Man spricht heute noch von der "Spanischen Grippe". Diese Bezeichnung setzte sich durch, nicht etwa weil die Krankheit in Spanien ausgebrochen wäre, sondern weil Spanien damals ein neutraler Staat war und im Gegensatz zu den kriegführenden Nationen keine Pressezensur kannte. So wurde dort die Oeffentlichkeit erstmals ausführlich über das Ausmass der Seuche orientiert. Daraus erklärt sich wahrscheinlich die Herkunft der Bezeichnung "Spanische Grippe".
  
 
Vermutlich brachten chinesische Arbeiter die Grippe in die USA. Von dort verschleppte die US Army im 1. Weltkrieg das Virus nach Europa, wo die Armeen der Entente zuerst infiziert wurden. Auch in Deutschland erkrankten zuerst die Soldaten der Reichswehr. Etwas später breitete sich die Seuche hauptsächlich in den grösseren Städten und deren Agglomerationen aus.
 
Vermutlich brachten chinesische Arbeiter die Grippe in die USA. Von dort verschleppte die US Army im 1. Weltkrieg das Virus nach Europa, wo die Armeen der Entente zuerst infiziert wurden. Auch in Deutschland erkrankten zuerst die Soldaten der Reichswehr. Etwas später breitete sich die Seuche hauptsächlich in den grösseren Städten und deren Agglomerationen aus.
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In der Schweiz begann die Epidemie im Juli 1918, schien sich jedoch schon im August wieder zu legen. Im Oktober 1918 brach die Seuche erneut aus und erreichte von Oktober bis Dezember 1918 ihren Höhepunkt. Erst im Frühjahr 1919 ging die Grippeepidemie zu Ende. In der Schweiz fielen dieser bösartigen Grippe fast 25000 Menschen zum Opfer. Es erkrankten damals lt. Statistik etwa 744000 Menschen an der Grippe. Nicht eingerechnet sind die Kranken, die keine ärztliche Hilfe in Anspruch nahmen.
 
In der Schweiz begann die Epidemie im Juli 1918, schien sich jedoch schon im August wieder zu legen. Im Oktober 1918 brach die Seuche erneut aus und erreichte von Oktober bis Dezember 1918 ihren Höhepunkt. Erst im Frühjahr 1919 ging die Grippeepidemie zu Ende. In der Schweiz fielen dieser bösartigen Grippe fast 25000 Menschen zum Opfer. Es erkrankten damals lt. Statistik etwa 744000 Menschen an der Grippe. Nicht eingerechnet sind die Kranken, die keine ärztliche Hilfe in Anspruch nahmen.
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===Die Epidemie und die Politik===
 
===Die Epidemie und die Politik===
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Die rund 1'800 Toten der Armee verkörpern rund 7% der gesamten Grippeopfer in der Schweiz. Es ist beachtlich, dass sich die politische Kampagne hauptsächlich um diese Minderheit drehte und von den verbleibenden 93% kaum gesprochen wurde. Auswertungen belegen auch, dass die hohe Sterblichkeit bei den Ordnungstruppen aufgrund der Alterstruktur der Soldaten (Männer zwischen 20 und 32 Jahren) und angesichts der Resultate, welche die Untersuchung der altersspezifischen Mortalität ergeben hat, keine Ueberraschung ist. Damit verliert die Diskussion um die Schuldfrage einiges an Brisanz. Sonderegger wagt in seiner Arbeit sogar die Aussage: "Ueberspitzt ausgedrückt kann gar behauptet werden, dass ein nicht geringer Teil der Einberufenen auch ohne Marschbefehl der Epidemie zum Opfer gefallen wäre."
 
Die rund 1'800 Toten der Armee verkörpern rund 7% der gesamten Grippeopfer in der Schweiz. Es ist beachtlich, dass sich die politische Kampagne hauptsächlich um diese Minderheit drehte und von den verbleibenden 93% kaum gesprochen wurde. Auswertungen belegen auch, dass die hohe Sterblichkeit bei den Ordnungstruppen aufgrund der Alterstruktur der Soldaten (Männer zwischen 20 und 32 Jahren) und angesichts der Resultate, welche die Untersuchung der altersspezifischen Mortalität ergeben hat, keine Ueberraschung ist. Damit verliert die Diskussion um die Schuldfrage einiges an Brisanz. Sonderegger wagt in seiner Arbeit sogar die Aussage: "Ueberspitzt ausgedrückt kann gar behauptet werden, dass ein nicht geringer Teil der Einberufenen auch ohne Marschbefehl der Epidemie zum Opfer gefallen wäre."
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===Grippeepidemie und Landesstreik 1918===
 
===Grippeepidemie und Landesstreik 1918===
  
Am Rande der Aktionen seitens der Arbeiterschaft und der Regierung stellte man stark politisch gefärbte Ueberlegungen an zur Grippeepidemie. Arge Polemiken erschienen in der Presse. Es wurde versucht, den 'Rädelsführern' des [[Generalstreik 1918 | Generalstreiks]] die Verantwortung für die an Grippe verstorbenen Soldaten zuzuschieben. Die Arbeiterorganisationen wiederum beschuldigten Regierung und Armeeführung, mit dem unverhältnismässigen Truppenaufgebot die Erkrankungsrisiken verantwortungslos zu ignorieren. Die folgenden Textauszüge mögen das Stimmungsbild wiedergeben:
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Am Rande der Aktionen seitens der Arbeiterschaft und der Regierung stellte man stark politisch gefärbte Ueberlegungen an zur Grippeepidemie. Arge Polemiken erschienen in der Presse. Es wurde versucht, den 'Rädelsführern' des Generalstreiks die Verantwortung für die an Grippe verstorbenen Soldaten zuzuschieben. Die Arbeiterorganisationen wiederum beschuldigten Regierung und Armeeführung, mit dem unverhältnismässigen Truppenaufgebot die Erkrankungsrisiken verantwortungslos zu ignorieren. Die folgenden Textauszüge mögen das Stimmungsbild wiedergeben:
  
 
Auf die Forderung von General Wille, auf den 1. November [[1918]] ein sofortiges Truppenaufgebot (Zürich) zu bestellen, entgegnete Bundesrat Decoppet:
 
Auf die Forderung von General Wille, auf den 1. November [[1918]] ein sofortiges Truppenaufgebot (Zürich) zu bestellen, entgegnete Bundesrat Decoppet:
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Das [[Generalstreik 1918#Das Oltener Aktionskomitee | Oltener Aktionskomitee]] in seiner Proklamation für den Proteststreik vom 9. November [[1918]]:
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Das Oltener Aktionskomitee in seiner Proklamation für den Proteststreik vom 9. November [[1918]]:
 
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"In einem Augenblick, da unsere Bewegung in einem Ruhestadium sich befand, hat der Bundesrat die Arbeiterschaft mit einem Truppenaufgebot überrascht. Trotz der Grippe, die im Interesse der Volksgesundheit eine restlose Demobilisation heischte, sind Zehntausende von Schweizer Soldaten aufgeboten worden" ... "was angesichts der Umstände ein eigentliches Verbrechen darstelle."
 
"In einem Augenblick, da unsere Bewegung in einem Ruhestadium sich befand, hat der Bundesrat die Arbeiterschaft mit einem Truppenaufgebot überrascht. Trotz der Grippe, die im Interesse der Volksgesundheit eine restlose Demobilisation heischte, sind Zehntausende von Schweizer Soldaten aufgeboten worden" ... "was angesichts der Umstände ein eigentliches Verbrechen darstelle."
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==Die Grippe in Grenchen und im Kanton Solothurn==
 
==Die Grippe in Grenchen und im Kanton Solothurn==
  
Im Kanton Solothurn forderte die Grippe von [[1918]]/[[1919 |19]] 904 Todesopfer. Davon starben allein in den Monaten Oktober bis Dezember [[1918]] 537 Menschen. Die Schulen des Kantons Solothurn wurden vom 17. Juli bis am 19. August [[1918]] geschlossen. Oeffentliche Anlässe wie Theatervorstellungen und Konzerte waren verboten. Vom 11. Oktober an mussten die Schulen erneut geschlossen werden, sämtliche Vorstellungen aller Art wurden untersagt. Allein der Gesundheitskommission stand die Befugnis zu, die Schulen wieder zu öffnen.<br/>
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Im Kanton Solothurn forderte die Grippe von [[1918]]/[[1919 |19]] 904 Todesopfer. Davon starben allein in den Monaten Oktober bis Dezember [[1918]] 537 Menschen. Die Schulen des Kantons Solothurn wurden vom 17. Juli bis am 19. August [[1918]] geschlossen. Oeffentliche Anlässe wie Theatervorstellungen und Konzerte waren verboten. Vom 11. Oktober an mussten die Schulen erneut geschlossen werden, sämtliche Vorstellungen aller Art wurden untersagt. Allein der Gesundheitskommission stand die Befugnis zu, die Schulen wieder zu öffnen.
Der Grenchner Gemeinderat sorgte im Dezember [[1918]] dafür, dass man das Endläuten vorübergehend einstellte. Die Grippekranken würden sich zu sehr aufregen beim Vernehmen der Totenglocke.
 
Der Grenchner Ammann [[Hermann Guldimann]] starb im Januar [[1919]] an den Folgen der Spanischen Grippe.
 
  
 
[[Werner Strub]] beschreibt in seinem '[[Heimatbuch Grenchen]]' die Lage in der Uhrenstadt wie folgt:
 
[[Werner Strub]] beschreibt in seinem '[[Heimatbuch Grenchen]]' die Lage in der Uhrenstadt wie folgt:
 
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"Eine Statistik erzeigte in Grenchen täglich 30 bis 50 Neuerkrankungen. Die private Behandlung genügte nicht mehr, die Heranziehung von Pflegepersonal war fast unmöglich, ein Krankenhaus stand nicht zur Verfügung; die Spitäler in unseren grösseren Nachbarorten waren überfüllt. Kein Wunder, wenn Behörden und Aerzte verzweifelnd nach Abhilfe Umschau hielten. Dazu waren die Krankheitserscheinungen neu und der Verlauf der Krankheit bösartig. Die Totenglocke ertönte immer wieder schwer und bang.
 
"Eine Statistik erzeigte in Grenchen täglich 30 bis 50 Neuerkrankungen. Die private Behandlung genügte nicht mehr, die Heranziehung von Pflegepersonal war fast unmöglich, ein Krankenhaus stand nicht zur Verfügung; die Spitäler in unseren grösseren Nachbarorten waren überfüllt. Kein Wunder, wenn Behörden und Aerzte verzweifelnd nach Abhilfe Umschau hielten. Dazu waren die Krankheitserscheinungen neu und der Verlauf der Krankheit bösartig. Die Totenglocke ertönte immer wieder schwer und bang.
Die Gemeindebehörde erliess für unsere Ortschaft strenge Verfügungen, um einer Ausbreitung der Infektion zuvorzukommen und die Erkrankung zur Heilung zu bringen. Zwei Grippewellen traten besonders in Erscheinung, die eine im August [[1918]] und die andere im Oktober, um mit unbeschreiblicher Hartnäckigkeit längere Zeit anzuhalten. Im Juli richtete man im Schulhaus 2 ein Notspital ein, wozu Dienst- und Pflegepersonal gewonnen werden konnte. Die Beschaffung von Spitalmaterial blieb grösstenteils auf die freiwillige Hilfeleistung angewiesen. In der Turnhalle wurde eine Desinfektionsanlage installiert; die Gesundheitskommission, die zur Durchführung der nötigen Massnahmen einen Dreierausschuss bestimmte, erhielt von dem Gemeinderat den nötigen Kredit zur Anschaffung von Spital- und Verpflegungsmaterial |
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Die Gemeindebehörde erliess für unsere Ortschaft strenge Verfügungen, um einer Ausbreitung der Infektion zuvorzukommen und die Erkrankung zur Heilung zu bringen. Zwei Grippewellen traten besonders in Erscheinung, die eine im August 1918 und die andere im Oktober, um mit unbeschreiblicher Hartnäckigkeit längere Zeit anzuhalten. Im Juli richtete man im Schulhaus 2 ein Notspital ein, wozu Dienst- und Pflegepersonal gewonnen werden konnte. Die Beschaffung von Spitalmaterial blieb grösstenteils auf die freiwillige Hilfeleistung angewiesen. In der Turnhalle wurde eine Desinfektionsanlage installiert; die Gesundheitskommission, die zur Durchführung der nötigen Massnahmen einen Dreierausschuss bestimmte, erhielt von dem Gemeinderat den nötigen Kredit zur Anschaffung von Spital- und Verpflegungsmaterial.
In der zweiten Grippeperiode konnten die Erkrankten in den Räumlichkeiten des [[Tripoli | Tripolisspitals]] untergebracht werden. Viel Leid hatte die Grippe über die Ortschaft gebracht: 90 Todesfälle sind zu verzeichnen. Die durchgeführte Statistik ergibt an ärztlich behandelten Erkrankungen vom Juli bis Ende August ca. 1'000 Personen, vom Oktober bis Ende des Jahres ca. 1500. Wenn man des weitern annehmen darf, dass die Hälfte der Erkrankten keine ärztliche Hilfe in Anspruch nahm, so ergibt die Schätzung, dass 60 bis 70 Prozent der Ortsbevölkerung an der Grippe erkrankt waren. Diese verursachte der Gemeinde für das Jahr 1918 eine Ausgabe von Fr. 26'747.-."
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In der zweiten Grippeperiode konnten die Erkrankten in den Räumlichkeiten des Tripolisspitals untergebracht werden. Viel Leid hatte die Grippe über die Ortschaft gebracht: 90 Todesfälle sind zu verzeichnen. Die durchgeführte Statistik ergibt an ärztlich behandelten Erkrankungen vom Juli bis Ende August ca. 1000 Personen, vom Oktober bis Ende des Jahres ca. 1500. Wenn man des weitern annehmen darf, dass die Hälfte der Erkrankten keine ärztliche Hilfe in Anspruch nahm, so ergibt die Schätzung, dass 60 bis 70 Prozent der Ortsbevölkerung an der Grippe erkrankt waren. Diese verursachte der Gemeinde für das Jahr 1918 eine Ausgabe von Fr. 26'747.-."
 
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