Grenchen, nein danke, ich lebe gerne in meinem Quartier

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Kultur-Historisches Museum Grenchen: Eine Austellung im Rahmen der Grenchner Wohntage 2007, vom 31. Okt. 2007 - 24. Feb. 2008.

Einleitung

Grenchen - ein Kaff!

In Grenchen zu leben - und speziell im Lingeriz-Quartier - wird nicht überall als positive Referenz empfunden. Vor allem auch von Aussenstehenden wird Grenchen - wenn überhaupt - vielfach negativ wahrgenommen, was auch auf die einheimische Bevölkerung abfärbt. Es werden Aussagen gemacht wie: "ich wohne schön in Grenchen, aber die Stadt? - ist ein Kaff!" Was ist hier los?

Aufwertung Grenchens als Wohnstadt

So ist denn auch die weitere Aufwertung Grenchens als Wohnstadt fester Bestandteil der Zielsetzungen im Businessplan, dem wirtschaftlichen Entwicklungsleitbild der Stadt Grenchen. Was ist aber konkret zu unternehmen?

Um hier Klarheit zu bekommen, wollten Behörden und Verwaltung von der Bevölkerung wissen, was es braucht, damit man gerne in Grenchen wohnt. So wurden 2006 zwei Projekte gestartet mit dem Ziel, aus erster Hand - von der direkt betroffenen Bevölkerung - Hinweise und Erkenntnisse zu erhalten um weiter Massnahmen zur Förderung der Wohnqualität in der Stadt Grenchen definieren zu können. Dazu wurde je eine Fachhochschule mit den Fachrichtungen Sozialplanung und Stadtentwicklung mit der Projektleitung beauftragt. Die Projekte wurden finanziell von Bund, Kanton und der Rosmarie & Armin Däster-Stiftung unterstützt. Die beiden Projekte, insb. deren Ergebnisse werden in der Ausstellung näher erläutert.

Die beiden Projekte

Das Projekt "Wohnstadt Grenchen" soll die Erkenntnisse liefern, um die Wohnqualität der Stadt zu fördern. Neben der Befragung von Funktionsträgerinnen und Funktionsträgern sowie zielgruppenspezifischen Sozialraumanalysen in den Quartieren Kastels und Ziegelmatt war die Bevölkerungsumfrage der Kernpunkt des Projektes. Von den 3'500 verschickten Fragebogen sind 30% beantwortet zürückgekommen. Dies zeigt ein grosses Interesse der Bevölkerung und ergibt eine repräsentative Sicht der Dinge. Die detaillierte Auswertung der Antworten zeigt eine differenzierte Sichtweise auf die Stadt von Bewohnerinnen und Bewohner je nach Alter, Herkunft oder Geschlecht. Daraus abgeleitet entstanden detaillierte, auf die jeweiligen Orte bezogene Empfehlungen als Grundlage für zukünftige Schritte der Stadtentwicklung. Projektleitung: Fachhochschule Nordwestschweiz / Inst. für Sozialplanung und Stadtentwicklung

Das Projekt "Läbigs Lingeriz" soll das Zusammenleben im Lingeriz-Quartier fördern und das angeschlagene Image positiv beeinflussen. Das Projekt war ausgerichtet auf eine möglichst breite Beteiligung der im Lingeriz lebenden Personen. Nach dem Prinzip "Lingerizer befragen Lingerizer" entstand eine volksnahe Quartieranalyse. Die aus dem Projekt hervorgegangenen Projektideen und Massnahmenschwerpunkte sind das Ergebnis verschiedener Workshops mit BewohnerInnen und Eigentümerschaft. Die Umsetzung mit dem Ziel, den gesellschaftlichen Zusammenhalt im Quartier zu fördern, das Image positiv zu beeinflussen und eine bauliche Aufwertung in Gang zu bringen, soll in enger Zusammenarbeit mit Bevölkerung und Liegenschaftseigentümern geschehen. Projektleitung: Hochschule für Soziale Arbeit HSA Luzern Mitarbeit: Verein Granges Mélanges Grenchen

Ergebnisse, Empfehlungen und Schlussfolgerungen

Die Ergebnisse dieser beiden Projekte sind in dieser Ausstellung präsentiert. Sie zeigen das Bild der Grenchnerinnen und Grenchner, welches sie von ihrer Stadt haben. Die Besucherinnen und Besucher sind nun gebeten zum Stift zu greifen und Verbesserungsvorschläge zu machen. Deponieren Sie Ihre Vorschläge in der Ausstellung im Kultur-Historischen Museum Grenchen oder wenden Sie sich direkt an die Baudirektion der Stadt Grenchen.

Welche Quartiere werden von den Fachpersonen wie charakterisiert?

Karte mit Quartiergrenzen, markanten Orten, Trennlinien, wie sie während der Befragung eingezcihnet wurden.
Geschichtsträchtige Orte geben Quartieren ihren Namen (Bachtelen).
Markante Gebäude symbolisieren ein Quartier (Hochhaus Lingeriz).
Das Zentrum unterliegt einem steten Wandel (neue Post).

Schmelzi

Dieses hatte eine eigene "Beiz" (das "Bellevue"), die dann einer Überbauung weichen musste. Später entstand am selben Ort das Restaurant "Feldschlösschen". Das Schmelzi-Quartier hat bis heute eine eigene Fasnachts-Zunft, die "Schmelzi-Zunft", die auch zuständig ist für den "Böög". Früher hiess dieses Gebiet nicht Schmelzi, sondern "ob de muren". Denn es gab dort eine Mauer, oberhalb derer Reben angebaut wurden. Ende der 1950er Jahre hat sich dieses Gebiet noch als "klassisches Quartier" verstanden, so die Auskunft der Interviewpartner. Durch die Überbauungen und die Neubesiedlungen sowie den raschen Strukturwandel der Bevölkerung habe dieses Bewusstsein allerdings abgenommen.

Kastels mit der Studen

Volkslieder geben noch Hinweise darauf, dass früher eher der Begriff Studen verwendet wurde. Das Zentrum des Kastels bilden das Schulhaus und der Lebensmittelladen. Früher war das angrenzende Gebiet eine eigenständige Siedlung: das Tripoli, beim Tunnelbau für die italienischen Gastarbeiter gebaut.

Schönegg

Auch das Schönegg hatte früher, als es noch einen Schiessplatz gab, ein Zentrum. Vom Restaurant mit dem Turm als Aussichtspunkt ging eine Rutschbahn weit ins Dorf hinunter. Heute muss das Gebiet wohl einem anderen Quartier (Schmelzi oder Studen/Kastels) zugeordnet werden.

Riedern

Charakteristisch für das Riedern ist, dass dort nach dem Zweiten Weltkrieg Baracken für die Notleidenden gebaut wurden. Bereits nach dem Ersten Weltkrieg, während der ersten Wohnungsnot, wurde in diesem Gebiet ein grosses, zweiteiliges Mehrfamilienhaus vis-a-vis vom Bahnhof gebaut, das noch heute der Gemeinde gehört. Das war die "klassische" Riedern, die heute als "Brühl" bezeichnet wird. Als die Baracken abgerissen wurden, baute man an der Hohlenstrasse (Kastels) Sozialwohnungen. Deshalb nennt man in Grenchen diese Häuser "Riedern-Alp": von der Riedern hinauf, neu gebaut, auf das Kastels.

Brühl

Zum Brühl gehört das Sportgebiet sowie das Gas- und Wasserwerk.

Bachtelen

Das Bachtelen ist geprägt vom Kinderheim Bachtelen, doch seine Geschichte beginnt um 1800, als Josef Girard von diesem Ort Wasser trank, was seine Schmerzen linderte. Darauf baute er an diesem Ort ein Heilbad. International berühmt wurde das Bad durch Giuseppe Mazzini, der Gründer und Ideologe des modernen vereinten Italiens, der auf der Flucht im Bachtelen lebte. Nach einer späteren Zwischennutzung als Ausbildungsinstitut ist das ehemalige Bad seit 1916 das Kinderheim Bachtelen, eine bekannte heilpädagogische Institution, die heute gleichzeitig das Zentrum des Bachtelen-Quartiers bildet.

Lingeriz/Ruffini

Das Lingeriz/Ruffini wurde in den 1950er Jahren als Pionierleistung und als Antwort auf die Wohnungsnot "aus dem Boden gestampft". Es sind hauptsächlich Genossenschafts-Wohnblöcke, die das Quartier bilden. In jüngerer Zeit investierte, laut Interviewaussagen, kaum ein Eigentümer mehr in die Gebäude, weshalb das Gebiet allmählich verkommt. In diesem Quartier konzetriet sich eine "sozial schwächerer" Bevölkerungsschicht. Rund 50% der Einwohner sind Ausländer.

Munters

Munters ist ein jüngeres Quartier mit Einfamilienhaus-Charakter und Reihenhäusern - oder eben doch kein Quartier: unsere Gesprächspartner waren sich da nicht so einig. Es gibt ein peripheres Schulhaus und "ein Zentrum ist nicht auszumachen. Der einzige Laden des Quartiers ist der in die ehemalige Coop-Filiale eingezogene Lebensmittelmarkt, der vor allem türkische Personen aus der ganzen Region bedient. "Der ist eher ein ethnisches Zentrum" so die Gesprächspartner.

Ziegelmatt

Das Ziegelmatt (in der Karte ohne Bezeichnung) wird als weitgehend identitätslos beschrieben. Das Spital prägt dieses Gebiet, die Durchfahrtsstrassen Richtung Bettlach, Solothurn zerteilen es. "Es ist keine Art zentraler Einrichtungen zu erkennen." "Ein mögliches Zentrum wäre das Spital und es gibt noch eine Bäckerei, die genau an der Grenze zum Kastels liegt."

Zentrum

Im Zentrum hat es in letzter Zeit viele Veränderungen gegeben, zuletzt den Umbau des Hochhauses. "Das wesentliche Merkmal ist die starke Durchmischung von Gewerbe, Industrie und Wohnen." Wenn im Interview von Dienstleistungen und Läden gesprochen wurde, konzentrierten sich die Ausführungen auf das Zentrum, den Marktplatz. Der Marktplatz ist ein sehr klar gestalteter Platz, der "nicht unnötig möbliert" ist, damit es Platz für verschiedene Nutzungen gibt. Das ursprüngliche Zentrum von Grenchen war die alte Post, die auch die Gemeindeverwaltung beherbergte. Vor der Post gab es einen grossen Platz mit einem Wetterhäuschen. "Dort haben sich die Leute getroffen."

Was sagt uns die Befragung der Fachpersonen?

Die Befragung war eine erste Annäherung an Grenchen und sollte die Bevölkerungsbefragung vorbereiten.

Folgende Erkenntnisse haben wir aus der Befragung erhalten:

Die "Logik", nach der die verschiedenen Institutionen, Organisationen und Gruppierungen Grenchen in Einheiten oder Quartiere einteilen, ist sehr unterschiedlich. Die Begriffe "Quartier", "Gebiet" und "Raum" werden dabei oft synonym verwendet.

Die Differenzierung von Grenchen reicht von vierzehn bezeichneten Einheiten/Quartieren (aufgrund alter Karten und Flurnamen) bis zur groben Unterteilung in Nord- und Südgrenchen, bei der die Kantonsstrasse Solothurn-Biel die entscheidende Grenze markiert. Einzelne Differenzierungen leiten ihre Bezeichnungen aus der historischen Entwicklung der Stadt Grenchen ab und verbinden damit die Annahme einer Quartierbildung.

Auch wenn die Unterteilungen aus sehr unterschiedlichen Perspektiven vorgenommen werden, zeichnen sich Gemeinsamkeiten von Gebieten ab. Stadtgebiete, die immer wieder ähnlich charakterisiert werden, liegen zumeist Hang aufwärts bzw. nördlich des Zentrums (Bachtelen, Däderiz, Schmelzi). Im Osten der Stadt differieren die Bezeichnungen sehr viel stärker, zudem treten Flächen auf, deren Qualifizierung als Quartier nicht klar ist (ob z.B. das Ziegelmatt eine Strasse, ein Quartier oder eine Siedlung ist). Andere Gebiete (z.B. rund um das Schulhaus Zentrum oder Gebiete südlich der Hauptstrasse, ausgenommen Riedern) haben keine Namen oder werden mit sehr verschiedenen Bezeichnungen geführt.

Zwei Gebiete werden sehr häufig genannt: Das Lingeriz und das Zentrum. Das Lingeriz wird als das "Problemquartier" (renovationsbedürftige, schlecht unterhaltene Häuser und Wohnungen, hoher Ausländer/innenanteil, Ansammlung von Sozialhilfebezüger/innen) von Grenchen beschrieben. Im Zusammenhang mit dem Zentrum wird vor allem die Umgestaltung des Marktplatzes und die Entvölkerung bzw. dass es hier zu wenig Leben gibt, thematisiert.

Mit den Bahnhöfen und dem Marktplatz wiederum sind drei Örtlichkeiten vorhanden, die - wie in anderen Städten auch - durchaus die Bedingungen für ein Zentrum für die Bevölkerung erfüllen könnten (bis anhin wird nur der Marktplatz entsprechend aufgewertet).

Die Stärken von Grenchen sind vielfältig: Es gibt Freiflächen, eine gute Anbindung, Möglichkeiten des ländlichen Lebens mit städtischem Zentrum, geringe typische "Stadtprobleme", eine Durchmischung von privatem Wohneigentum und Mietobjekten, Arbeitsplätze im Industriebereich und für Hochqualifizierte. Die Belebung der Quartiere im Sinne einer Strategie "Quartiere mit Profil" sollte entsprechend differenziert (und partizipativ) umgesetzt werden.

Beispiel Kastels und Ziegelmatt

Die Plastik von Hans-Peter Schumacher ist ein Identitätsstifter (Schulhaus Kastels).
Kastels und Ziegelmatt.
Quartierläden werden geschätzt (dieser Quartierladen an der Kastelsstrasse ist leider inzwischen geschlossen).
Stadt oder Dorf? Beide Seiten Grenchens werden geschätzt.

Kastels und Ziegelmatt aus der Sicht von Kindern

Die Kinder im Kastels nehmen ihr Quartier eindeutig als Quartier wahr und können es auch benennen. Teilweise wird es sogar als Dorf erlebt. Im Gegensatz dazu ist der Quartiername bei den Kindern im Ziegelmatt eher unklar.

In der Freizeitgestaltung bevorzugen die Kinder aus dem Kastels das Schulgelände und die anliegenden Wiesen und den Wald mit dem Wissbächli. Bei den Kindern vom Ziegelmatt zeichnen sich Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen ab. Während die Jungen hauptsächlich den Spielplatz zum Fussballspielen nutzen, spielen die Mädchen lieber zu Hause im Garten.

Gemeinsam ist den Kindern in beiden Quartieren, dass organisierte Hobbys wie Musik und Sport ausserhalb des eigenen Quartiers stattfinden. Ebenso ist ihnen gemeinsam, dass sie die Einkaufsmöglichkeiten als beschränkt erleben und mit ihren Familien lieber im Zentrum bzw. in Biel oder Solothurn einkaufen.

Kastels und Ziegelmatt aus der Sicht von Jugendlichen

Sowohl das Kastels als auch das Ziegelmatt werden von den befragten Jugendlichen als klassische Wohnquartiere eingeschätzt. Während das Kastels einen eher dorfähnlichen und ländlichen Charakter aufweist, erweckt das Ziegelmatt eher einen städtischen und etwas anonymeren Eindruck.

Der Freundeskreis beider Gruppen setzt sich vor allem aus Mitschüler/innen der Bezirksschule zusammen. Da diese aus den verschiedensten Quartieren von Grenchen und Bettlach stammen, trifft man sich mehrheitlich im Zentrum oder an der Aare. Attraktivere Treffpunkte und Aufenthaltsorte in den Quartieren werden von den Jugendlichen daher nicht als Bedürfnis formuliert. Den Jugendlichen dient ihr Quartier als Wohnort; als Aufenthalts- und Entfaltungsort ziehen sie städtisch geprägte Räume vor (z.B. Grenchen, Solothurn, Biel). Den Gesprächen ist zu entnehmen, dass die befragten Jugendlichen in ihren Aktivitäten nicht primär quartier-, sondern vielmehr stadtorientiert und regional ausgerichtet sind. Auch werden Freizeitaktivitäten und Beziehungen im Privaten und nicht in öffentlichen Räumen organisiert. Bemängelt wurden die strikten Öffnungszeiten des Pausenareals; hier müsste geprüft werden, ob es jugendgerechtere Alternativen gibt.

Kastels und Ziegelmatt aus der Sicht von Eltern kleiner Kinder

Den Interviews lässt sich entnehmen, dass sich die interviewten Eltern in ihren Wohnquartieren wohl fühlen. Die befragten Mütter schätzen besonders die grüne Umgebung sowie die qualitativ gute und nahe gelegene Schule. Auch die Nähe zum Stadtzentrum sowie die generell spürbare familienfreundliche Atmosphäre in den Quartieren werden positiv bewertet. Die Mütter schätzen, dass sich die Stadt und die IG Spielplätze um die Organisation und den Unterhalt der Spielplätze und anderen öffentlichen Orte kümmern. Bemängelt wird allgemein das dürftige soziale und kulturelle Angebot in Grenchen, welches die Befragten dazu veranlasst, nach Biel oder Solothurn auszuweichen. Als wichtiges Anliegen wird von den Müttern der Wunsch nach einer vermehrten Verkehrsberuhigung in den Quartieren formuliert (bessere Verkehrsregelung, Tempo- 30-Zonen, Wohnstrassen, etc.). Aussagen wie „Es gibt eigentlich mehrere schöne Quartiere in Grenchen“ lassen auf eine grundsätzlich positive Grundeinstellung zur Stadt Grenchen schliessen.

Kastels und Ziegelmatt aus der Sicht von Erwachsenen

Beide Quartiere werden von dieser Altersgruppe als ruhige Quartiere beschrieben und geschätzt. Während das Kastels über seinen relativ homogenen Einfamilienhauscharakter definiert wird, ist das Ziegelmatt durch eine Mischung aus Einfamilienhäusern und Blocksiedlungen geprägt. Unterschiedlich wird auch die Wohnbevölkerung beschrieben. Im Kastels leben fast ausschliesslich Schweizer aller Altersgruppen, während im Ziegelmatt der Anteil an betagten und fremdsprachigen Menschen gross ist. In beiden Quartieren gibt es Treffmöglichkeiten, die zwar genutzt werden, aber nicht dazu führen, dass in der Bevölkerung starke Beziehungen oder gemeinsame Aktivitäten entstehen. Engagement ist in beiden Quartieren kaum auszumachen und in der Tendenz abnehmend. Es scheint den Bewohnern in dieser „Halbanonymität“ gut zu gehen und sie vermissen auch nichts. Die Infrastruktur ist ausreichend, und - mit Ausnahme einer Person aus dem unteren Ziegelmatt - man wünscht sich auch nicht mehr Aktivitäten oder „Leben“ im Quartier. Geselligkeit und gemeinsame Aktivitäten werden eher ausserhalb des Quartiers (z.B. in Vereinen) gelebt. Einigkeit besteht weiterhin darüber, dass das Zentrum auch für die Quartiere eine wichtige Funktion erfüllen könnte („das gehört alles irgendwie zusammen“). Daher beziehen sich die Veränderungswünsche nicht auf das eigene Quartier, mit dem die Menschen in beiden Quartieren zufrieden sind, sondern auf das Zentrum, die Verwaltung und die Politik.

Kastels und Ziegelmatt aus der Sicht von Seniorinnen und Senioren

Dem Empfinden der befragten Bewohner nach sind beide Quartiere typische Wohngebiete. Das Kastels und das Ziegelmatt sind einander sehr ähnlich. Beide sind nah am Zentrum gelegen und dennoch in der Nähe von Erholungsgebieten, sie sind verkehrsarm und familienfreundlich.

In beiden Quartieren gibt es neben den Angeboten des Alterszentrums keine regelmässigen Angebote für Menschen ab 65 Jahren, etwa Altersturnen oder einen Mittagstisch. Die Befragten äusserten in den Gesprächen keine spezifischen Anliegen oder Verbesserungswünsche. Trotzdem kann festgestellt werden, dass bei den interviewten Senioren und Seniorinnen ein Bedürfnis nach Zugehörigkeit besteht und dass Angebote, die vermehrt Kontaktoptionen mit anderen Quartierbewohnern ermöglichen würden, gefordert werden.

Dieser Wunsch nach vermehrtem Kontakt unter der Quartierbevölkerung ist ein möglicher Ansatzpunkt, die Befindlichkeit der älteren Personen im Quartier zu verbessern. Durch die Organisation verschiedener Angebote könnten intergenerationelle Kontaktmöglichkeiten hergestellt und der Zusammenhalt in der Quartierbevölkerung gestärkt werden. Möglich wären etwa altersübergreifende Angebote wie zum Beispiel gemeinsame Projekte der Schule und des Alterszentrums.

Aus den Ergebnissen lässt sich schliessen, dass beide Quartiere, das Kastels wie das Ziegelmatt, gut als Wohnorte für ältere Menschen geeignet sind. Die Bewohnerinnen und Bewohner beider Quartiere fühlen sich wohl in ihrer Wohnumgebung und leben gerne dort. In beiden Gesprächen kam es immer wieder vor, dass die Befragten die Antwort auf ganz Grenchen bezogen und nicht speziell auf ihr Quartier. Daraus lässt sich schliessen, dass die Stadt als Ganzes einen höheren Stellenwert hat als die einzelnen Quartiere für sich.

Fazit aus den Sozialraumanalysen

Im Prinzip fühlen sich alle Altersgruppen in den beiden Quartieren wohl und sehen - innerhalb ihres Quartiers - keinen Veränderungsbedarf. Gewünscht ist eher die Erhaltung des Status quo.

Bedingt durch seinen Einfamilienhauscharakter und den hohen Anteil an Wohneigentum wirkt das Kastels sehr homogen und stabil (viele „Alteingesessene“, Kinder übernehmen die Häuser ihrer Eltern). Das Ziegelmatt ist differenziert in einen Einfamilienhaus- (leichte Hanglage) und einen Wohnblockteil. Der Einfamilienhausteil ist dem Kastels sehr ähnlich. Der Wohnblockteil ist heterogener in der Bevölkerungszusammensetzung (Schweizer und Ausländer) und ist auch durch mehr Fluktuation der Bevölkerung (Zuzüger, leer stehende Wohnungen, Abwanderung) gekennzeichnet. Der Zustand der Wohnungen und das Preis-Leistungs-Verhältnis dürfte dabei eine Rolle spielen. Es ist anzunehmen, dass der Wohnungs- und Immobilienmarkt in Bezug auf die Bevölkerung in den Quartieren der entscheidende Faktor ist, zumal die Quartierwahl meist aus ökonomisch-praktischen Überlegungen erfolgt.

Beide Quartiere bieten Treffmöglichkeiten, die auch genutzt werden. Diese dürften aber für die verschiedenen Altersgruppen von unterschiedlich grosser Bedeutung sein. Die Quartierläden und der Schulhof haben eine solche Treffpunktfunktion. Bewusst geplante, Generationen übergreifende Treffpunkte gibt es - mit Ausnahme der Spielnachmittage auf dem Rötispielplatz - kaum. Die Beziehungen sind, ausser bei den Kindern und Betagten, nicht sehr stark an die Nachbarschaft gebunden.

Wenn die Bewohner sich engagieren, geschieht dies im Moment eher über Vereine, die ihren „Sitz“ im Zentrum oder sogar ausserhalb von Grenchen haben. Das Quartier selbst dient eher als Erholungs-, Rückzugsund Ruheort, in dem eine gewisse „Halbanonymität“ genossen wird. So gesehen besteht in den beiden Quartieren aus der Sicht der befragten Gruppen kein Bedürfnis nach Veränderungen oder einer vermehrten Aktivität der Bevölkerung.

Was schliessen wir aus den Profilen der einzelnen Gruppen?

Es fällt auf, wie oft alle Beteiligten festhalten, wie wohl sie sich in der Stadt Grenchen fühlen. Nur aus Sicht der Jugendlichen werden einige Wünsche an zu Veränderndem deutlich formuliert - mit ihnen wurde allerdings auch das Stadtgebiet begangen und nicht nur das Wohnumfeld.

Die Identitäten der Quartiere sind unterschiedlich ausgeprägt. Kastels ist geprägt durch seinen dörflichen Charakter. Beim Ziegelmatt gibt es Unsicherheiten sowohl bezüglich der Bezeichnung als auch bezüglich der Grenzen des Quartiers. Beide Quartiere bieten Treffmöglichkeiten, die auch genutzt werden. Diese dürften aber für die verschiedenen Altersgruppen von unterschiedlich grosser Bedeutung sein. Die Quartierläden haben eine solche Treffpunktfunktion, ebenso der Schulhof. Bewusst geplante, Generationen übergreifende Treffpunkte gibt es - mit Ausnahme der Spielnachmittage auf dem Rötispielplatz - kaum. Die Beziehungen sind, ausser bei denKindern und Betagten (aufgrund ihrer beschränkten Mobilität), nicht sehr stark an die Nachbarschaft gebunden.

Wenn die Bewohner sich engagieren, geschieht dies im Moment eher über Vereine. Das Quartier selbst dient eher als Erholungs-, Rückzugs- und Ruheort.

Ziele und Vorgehen

Fragebogen: Vorgehen und Rücklauf.

Ziele der Befragung

Folgende Ziele wurden mit der schriftlichen Befragung verfolgt: Abgrenzungen und Wahrnehmung der Quartiere: Wie definiert die Bevölkerung ihreQuartiere? Welche Namen werden verwendet? Welches sind die Wahrzeichen der Quartiere?

  1. Zufriedenheit in Grenchen: Wie ist die Zufriedenheit mit dem eigenen Quartier? Wo liegendie Probleme? Was spricht dafür, in Grenchen einen Wohnsitz zu beziehen? Warum erwägen Personen, innerhalb Grenchens umzuziehen oder aus Grenchen wegzuziehen?
  2. Sozialraumorientierung und Quartierbewertung: Wie beurteilt die Quartierbevölkerung ihr Quartier? Was schätzt sie an ihrer Umgebung? Welche Bedürfnisse werden artikuliert?
  3. Kontaktverhalten und Treffpunkte: Wie ausgeprägt sind Nachbarschaftskontakte in Grenchen? Welche Rolle übernehmen dabei öffentliche Treffpunkte und Vereine? Welche Kontakte bestehen zwischen Angehörigen unterschiedlicher Nationalität?
  4. Aktivitäten und Engagement: Welchen Stellenwert haben ehrenamtliche Aktivitäten für die Quartiere? Wer ist in welchen Bereichen bereits ehrenamtlich tätig? Welches Potential für ehrenamtliches Engagement der Bevölkerung besteht?
  5. Alltagsaktivitäten und Stadtqualitäten: Wie nutzt die Bevölkerung ihre Stadt für alltägliche Aktivitäten? Welchen Aktivitäten werden in den Quartieren, welche ausserhalb von Grenchen durchgeführt? Was sind die Qualitäten der Stadt Grenchen? Wie werden die zentralen Einrichtungen der Stadt beurteilt?

Vorgehen und Rücklauf

Die Daten wurden im Rahmen einer schriftlichen Briefbefragung erhoben. Die Zufallsstichprobe entstammt dem Einwohnerregister der Gemeinde Grenchen. Angeschrieben wurden Personen ab 18 Jahren. Insgesamt wurde eine Stichprobe von 3'498 Personen gezogen. Diese erhielten Mitte Januar den Fragebogen und ein vorfrankiertes, an die Stadtkanzlei adressiertes Rückantwortcouvert zugestellt. Beiliegend fand sich ein von der Forschungsgruppe der Fachhochschule Nordwestschweiz und der Bauverwaltung der Stadt Grenchen gemeinsam verfasstes und unterszeichnetes Informationsschreiben, welches in wenigen Sätzen Ziel und Zweck der Befragung erläuterte. Zur selben Zeit erschienen in den lokalen Medien kurze Berichte, welche auf die Befragung hinwiesen. Es wurden weder weitere Erinnerungsschreiben verschickt, noch Incentives eingesetzt. Insgesamt betrug der Rücklauf 1073 Fragebogen. Davon waren sechs vollkommen leer bzw. enthielten Hinweise auf den Verweigerungsgrund. Weitere 35 waren weitgehend unausgefüllt, so dass von einer Auswertung dieser Fragebogen abgesehen werden musste. Bei zwei Fragebogen fehlten Seiten. Damit wurden am Ende die Daten von insgesamt 1030 Fragebogen erfasst.

Repräsentativität der Daten

Ein Vergleich der erfassten 1030 Personendaten mit der 3'498 Personen umfassenden Stichprobe zeigt, eine gute, hinsichtlich dem Aspekt Geschlecht sogar eine sehr gute Übereinstimmung mit der Bevölkerung in der Stadt Grenchen.

Bezüglich des Faktors Nationalität ist der Anteil an SchweizerInnen mit 85.5% höher als in der Stichprobe (74.4%). Da der Rücklauf von Personen nicht-schweizerischer Nationalität bei Befragungen vor allem aufgrund sprachlicher Barrieren geringer ausfällt, war hier eine tiefere Rücklaufquote zu erwarten.

In Quartieren wie Schmelzi, Däderiz oder Bachtelen überdurchschnittliche Rücklaufquoten zu verzeichnen; also in jenen Quartieren, in denen die Sprachkompetenz (Muttersprache Deutsch, Bildung) tendenziell höher liegt. Auch diese leichte Verzerrung war aufgrund des Entscheids, eine briefliche Befragung durchzuführen, zu erwarten.

Quartiere: Definitionen & Wahrzeichen

Zufriedenheit & Mobilität

Quartiersbewertung & Sozialraumorientierung

Engagement & Aktivität

Beispiel "Läbigs Lingeriiz"

Hektarraster-Karten

Ein wenig Geschichte und alte Pläne

Quellen

Weblinks

  • Bundesamt für Wohnungswesen: Grenchner Wohntage 2007. Auf der Webseite der Grenchner Wohntage 2007 bietet das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) Download-Zugriffe an auf die Zusammenfassung der Studie der Fachhochschule Nordwestschweiz (35 Seiten, PDF) und die Rede von Stadtpräsident Boris Banga vom 31. Oktober 2007 anlässlich der Vernissage der Sonderausstellung.
  • Baudirektion Grenchen.
  • Fachhochschule Nordwestschweiz, Hochschule für Soziale Arbeit Institut Sozialplanung und Stadtentwicklung