Ein Harrier-Senkrechtstarter in Grenchen: Unterschied zwischen den Versionen

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*[https://www.grenchnertagblatt.ch/solothurn/grenchen/kein-militarflugplatz-der-kampfjet-kam-trotzdem-nach-grenchen-ld.1756753 Grenchnertagblatt], 02.04.2013
 
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*[https://aviation-safety.net/wikibase/wiki.php?id=55546 Aviation Safety Network]
 
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[[Kategorie:Flugzeug]]
 
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Aktuelle Version vom 18. Dezember 2021, 10:09 Uhr

Der Kampfjet-Senkrechtstarter Hawker Siddeley Harrier war am 12. Juni und 13. Juni 1971 zu Besuch in Grenchen.

Der Harrier XV742/G-VSTO in Grenchen.
Harrier mit Pilot John Farley.

René Meier, heute Präsident des Aero-Clubs Grenchen, und Peter Schärer, ehemals Fluglehrer bei der Segel- und Motorfluggruppe Grenchen/Flugschule Grenchen, gaben wichtige Hinweise auf den Aufenthalt des Harriers in Grenchen. So stellte sich bald einmal heraus, dass der Senkrechtstarter zwischen dem 11. und 13. Juni 1971 gelandet war und der Pilot John Farley hiess.

Das Jahr 1971 war doch genau 40 Jahre nach der Flugplatzgründung. Hatte der Besuch des Kampfjets einen Zusammenhang mit geraden Jahreszahl? "Genau so ist es", sagt Kurt Müller. Der in Langendorf lebende ehemalige Unternehmer und Mitglied der Segel- und Motorfluggruppe Grenchen war nämlich zuvorderst mit von der Partie, als versucht wurde, den Harrier nach Grenchen zu bringen. "Wir wollten einen Flugtag organisieren zum 40-jährigen Bestehen des Aero-Clubs Grenchen und des Flugplatzes sowie zur Einweihung der Hartbelagspiste", erinnert sich Müller. Aber neben den Vorführungen der Grenchner Flugzeuge sollte auch etwas Einmaliges dabei sein, eben ein neuer Kampfjet. Die Angaben von Kurt Müller lassen sich leicht verifizieren anhand der Unterlagen, die er über 40 Jahre später noch bei sich zu Hause aufbewahrt. Während Bernhard Müller Präsident des Organisationskomitees war und Robert Mathys sen. sein Vize, amtete Kurt Müller als Verantwortlicher für das Programm und die Flugzeugausstellung.

Es müssen hektische Tage gewesen sein im Frühling 1971 auf dem Flugplatz Grenchen. Alles lief kurzfristig ab. Am 6. Mai 1971 reichten Bernhard Müller und Robert Mathys beim Eidgenössischen Militär-Departement das Gesuch ein, dass am Flugtag die beiden Kampfjets Hawker Siddeley Harrier und Vought A-7 Corsair vorgeflogen werden dürfen. Bei der Firma Hawker Siddeley wurden gleichzeitig die Vorbereitungen für die Reise in die Schweiz getroffen. Am Werk war hier einer der bekanntesten Piloten des Vereinigten Königsreichs: Bill Bedford, Jagdflieger des Zweiten Weltkriegs und Testpilot, der im Jahr 1953 mit einem Hunter über Schaffhausen den ersten in der Schweiz zu hörenden Überschallknall "produziert" hatte. Später, im Februar 1957, weilte Bill Bedford zusammen mit seinem Testpilotenkollegen David Lockspeiser wieder in der Schweiz, als der Hunter definitiv für die Luftwaffe evaluiert wurde. Bedford hatte als Testpilot Anfang der 1960er Jahre zudem die Vorläufer des Harriers, P.1127 und Kestrel, erstmals geflogen und gehört damit zu den Senkrechtstart-Pionieren. Er musste sich 1961 in Yeovilton mit dem Schleudersitz aus dem abstürzenden Senkrechtstarter retten, ebenfalls überlebte er 1963 an der Paris Air Show einen schweren Unfall.

Am 17. Mai 1971 verfasste Bill Bedford, bei Hawker Siddeley inzwischen zum Verkaufsmanager aufgestiegen, das Dokument für die Reise nach Grenchen und Lugano. Darin wird festgehalten, dass ein Harrier und ein Geschäftsreisejet HS 125 in die Schweiz fliegen. Es ist über 40 Jahre später interessant zu sehen, wie auf einem Dokument der berühmten Flugzeugbaufirma Hawker Siddeley die Namen der damaligen Grenchner Polizeichefs Gottlieb Wittmer (Kantonspolizei), Willy Hug und Hermann Brotschi (Stadtpolizei) sowie von Feuerwehrkommandant Hans Allemann auftauchen.

In Bern stiess das Begehren aus Grenchen offenbar nicht auf Freude. Es kam ein negativer Bescheid, weil zeitgleich die Evaluation für ein neues Kampfflugzeug als Ersatz für den Venom lief: Vought A-7D Corsair aus den USA und der französische Dassault Milan standen sich nämlich gegenüber, die Erprobung endete am 9. September 1972 mit dem bekannten Nullentscheid des Bundesrats. Im Vereinigten Königreich liess man sich aber nicht beirren: Der für die Reise in die Schweiz vorgesehen Harrier mit der militärischen Registrierung XV742 erhielt kurzerhand einen Eintrag ins zivile Register und wurde in G-VSTO umbenannt (siehe Kasten). Damit galt er als ziviles Flugzeug, und das Bundesamt für Zivilluftfahrt erteilte am 9. Juni 1971 die Bewilligung für den Einflug in die Schweiz. Der Harrier flog mit John Farley im Cockpit am 10. Juni nach Agno, wo ein Internationaler Luftfahrtsalon stattfand. Am Samstag, 12. Juni 1971, überflog Farley nach Grenchen. Noch viele erinnern sich an den ohrenbetäubenden Lärm, als der Kampfjet plötzlich über der Stadt auftauchte und auf der damals neuen Hartbelagspiste senkrecht landete. Der Harrier wurde auf dem Abstellplatz vor dem Kontrollturm für das Publikum ausgestellt. Das Wetter war an diesem Tag sehr schlecht, sodass die geplante Airshow buchstäblich ins Wasser fiel. Aber das neue Kampfflugzeug zog die Leute in Scharen auf den Flugplatz. Testpilot Farley, der schon in Lugano mit seiner gekonnten Vorführung zu imponieren wusste, flog den Harrier auch in Grenchen vor. Bill Bedford war ebenfalls in Grenchen vor Ort und überreichte dem Programmleiter Kurt Müller ein signiertes Foto, das der Langendörfer noch heute sorgfältig hütet. Rund 24 Stunden war der britische Kampfjet in Grenchen zu Gast. Am Sonntagmorgen, 13. Juni 1971, wieder ein regennasser Tag, hob der Harrier mit einem normalen Startlauf Richtung Westen ab und flog zurück nach Lugano-Agno, wo drei weitere Demonstrationsflüge folgten. Mit einer Zwischenlandung in Zürich-Kloten kehrte er später nach England zurück. Die Luftfahrtzeitschrift "Flight" resümierte später unter dem Titel "Harrier in Switzerland", dass der Besuch in Lugano und Grenchen einen neuen Standard für militärische Demonstrationsflüge gesetzt habe.

"Grenchner Harrier" stürzte ab

Der "Grenchner Harrier" XV742 gehörte zur ersten Serie von 61 Maschinen im GR1-Standard für die Royal Air Force. Im Jahr 1970 war er an der Farnborough Airshow in den Farben und Bewaffnung des US Marine Corps ausgestellt. Daraufhin war er bei der Staffel VMA-513 des US Marine Corps zur Erprobung im Einsatz, dokumentiert ist ein Flugbild vom Februar 1971. Für den Flug in die Schweiz im Juni 1971 nach Lugano-Agno und Grenchen erhielt er die zivile britische Registrierung G-VSTO. Anschliessend ging der Kampfjet wieder in den Dienst der Royal Air Force. 1982 wurde Harrier XV742 zum GR3-Standard aufgerüstet. Am 28. Oktober 1983 stürzte das Flugzeug bei einer Angriffsübung auf dem Schiessplatz "Holbeach Range" in Lincolnshire ab. Vermutlich wurde der Harrier von einem Querschläger getroffen. Der 24-jährige Pilot, Flying Officer John Richard Sewell, verlor dabei sein Leben.

Quellen

(Dieser Artikel ist Eigentum des Autors / der Autorin und kann deshalb nicht editiert werden.)

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