Chappeli-Madonna

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Die Historikerin Doris Huggel berichtet im jüngsten, kurz vor Weihnachten erschienenen "Jahrbuch für Solothurner Geschichte"[1] über eine Publikation, die sich mit Hans Hollbeins Madonna beschäftigt. Auf welchen Wegen das wichtige Gemälde in die Kapelle Allerheiligen ob Grenchen kam, bleibt aber nach wie vor ein Geheimnis.


"Chappeli"-Madonna oder Solothrner Madonna von Hans Holbein d.J., 1522.
Detail aus "Chappeli"-Madonna oder Solothrner Madonna.

"Die schönste Grenchnerin wohnt in Solothurn" überschrieben die Initianten des Sanierungsfestes für die Kapelle Allerheiligen 1999 in ihrer Broschüre eines der Kapitel. Tatsächlich befand sich das Bild von Hans Holbein unerkannt in diesem kleinen Gotteshaus oberhalb der Stadt Grenchen. Im bereits erwähnten Artikel im „Jahrbuch für Solothurner Geschichte“ befasst sich die Autorin Doris Huggel mit einer Publikation von Jakob Amiet. Das kürzlich in die Zentralbibliothek gelangte Exemplar enthält verschiedene handschriftliche Anmerkungen von Wilhelm Rust. Der frühere eidgenössische Staatsanwalt Amiet ist uns als Verfasser verschiedener historischer Schriften bekannt. Die Geheimnisse, die im Umfeld der „Madonna von Solothurn“ bestehen, mussten ihn stark beschäftigt haben. Er publizierte seine Recherchen, Deutungen und Kombinationen in einer 1879, nur gerade 15 Jahre nach der Entdeckung des Bildes erschienen Broschüre „Hans Holbein's Madonna von Solothurn und der Stifter Nicolaus Conrad der Held von Dorneck und Novarra“.

Mit Bildern Leistungen bezahlt

Doris Huggel berichtet in ihrer Arbeit, dass nach Abschluss der Renovationsarbeiten in der Kapelle Allerheiligen der Dekorationsmaler, Kaufmann, Restaurator und Kunstsammler (sowie Schatzmeister des Bezirks) Franz Anton Zetter seine Arbeiten mit vier Bildern bezahlen liess. Dies erfolgte gemäss der Absprache mit dem Kapellenverwalter Oberrichter Gast. Unter diesen vier Bildern befand sich „völlig verwahrlost“ die berühmte Holbein'sche Madonna. Nachdem Frank Buchser und Zeichnungslehrer Gaudenz Taverna das Gemälde als echten Holbein erkannt hatten, schloss Zetter am 27. September 1864 mit der Gemeinde Grenchen einen Eigentums-Vertrag über alle vier Bilder ab. Zetter und Buchser liessen das Bild in Augsburg bei Eigner restaurieren. Jetzt wurde die Kunstwelt auf diesen Fund aufmerksam. Dazu die Autorin: „Für Zetter präsentierten sich mit zunehmender Publizität des Bildes ernsthafte Probleme. Indem er die Gemeinde Grenchen in Unwissenheit um den berühmten Maler gelassen und das Bild für einen Pappenstil erstanden hatte, fühlte man sich dort düpiert, ja hintergangen und verlangte das Bild zurück. Auf Zetter lastete nun der Ruf eines Täuschers.“

Grenchen geht vor Gericht

1867 kam das Bild eigenwillig restauriert zurück, und im gleichen Jahre strengte Grenchen einen Prozessen an, verlangte das Bild zurück oder eine Entschädigung von 30'000 Franken. – Vor Prozessbeginn "schenkte" Zetter seinen Anteil am Bilde gegen Übernahme der Restaurationskosten dem Kunstverein Solothurn. Er verlangte, dass das Bild als „Zetter'sche Madonna“ in die Verzeichnisse aufgenommen werde. Vorher schon übergaben Frank Buchser und dann sein Bruder ihren Anteil dem Kunstverein Solothurn. Die Grenchner klagten dank dieses geschickten Schachzuges nun nicht mehr gegen Zetter allein, sondern gegen einen Verein, dem sämtliche Honratioren der Stadt Solothurn angehörten. - Eine detaillierte Schilderung der Geschichte der Madonna und des Prozesses befindet sich in der Festschrift zum 75jährigen Bestehen des Musikvereins Helvetia (1933). Verfasst wurde diese Arbeit vom populären Juristen Walter Ochsenbein. Das Gericht liess eine Expertise erstellen, die einen Wert des Bildes von 30'000 Franken ermittelte(interessanterweise genau jene Summe, welche Grenchen in zweiter Linie als Entschädigung einforderte!. Das Gericht ging davon aus, dass Zetter und Buchser diesen Wert nicht erkannt hätten, wusste aber nicht, dass Buchser dem Ratsherrn im Hof von Basel das Bild nur gerade sieben Tage nachdem es nach Solothurn gebracht worden war, für 20'000 Franken zum Kauf angeboten hatte. Grenchen verlor den Prozess. Doch verlor der Kunstverein Solothurn viele Mitglieder, und ganz reingewaschen wurde Zetter nicht. Sein Sohn versuchte 1902 in der "Denkschrift" zur Eröffnung des Museums und des Konzertsaals die Handlung seines Vaters reinzuwaschen. Um zu zeigen, wie sehr Zetters Prestige gelitten hatte, schreibt Doris Huggel:

"Im übrigen fällt auf, wie sehr man sich um die Bezeichnung ‚Zetter'sche Madonna' herumdrückte...."

Amiets Deutungen

Jakob Amiet versuchte in seiner Beschreibung nachzuweisen, dass Holbein das Bild für Solothurn, die St. Ursenkirche und im Auftrag eines Solothurners angefertigt hatte. Dieser „Beweis“ Amiets dürfte das Gericht zusätzlich beeinflusst haben, gegen Grenchen zu entscheiden. Für die Richter kam das Bild nun genau dorthin, wo es seinen angestammten Platz hatte. Dank der Publikation von Oskar Bätschmann und Pascal Griener (1998) wissen wir heute, dass Holbein das Bild für eine Kirche in Basel angefertigt hatte. In den Wirren der Reformation dürfte das Werk aus dem reformierten Basel ins katholische Solothurner Gebiet gebracht worden sein. – Die Autorin schliesst ihre Arbeit, mit der sie Jakob Amiet und Wilhelm Rust in die Öffentlichkeit brachte, mit der Schlüsselfrage:

"Auf welchen Wegen die ‚Solothurner Madonna' schliesslich in die Allerheiligenkapelle ob Grenchen gelangte, die Fragestellung, die Wilhelm Rust am meisten bewegte, ist also nach wie vor offen."

Einzelnachweise

  1. Jahrbuch für Solothurner Geschichte, 78. Band, 2005

Quellen

(Dieser Artikel ist Eigentum des Autors / der Autorin und kann deshalb nicht editiert werden.)

Weblinks

  • Hans Holbein d. J. (1497/98-1543) auf Wikipedia