75 Jahre Flughafen Grenchen

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Alles begann am Samstag, den 31. Januar 1931, nachmittags um 14 Uhr im Saal des Restaurants zum Rosengarten.

Datei:Flugplatz Landung Gipsy Moth 1931.jpg
Die Landung des ersten Flugzeugs im Besitze des neu gegründeten Aero-Clubs Grenchen lockte zahlreiche Schaulustige auf das Flugfeld des neuen Flugplatzes. Bei der Maschine handelte es sich um eine De Havilland Gipsy Moth.
Die Gründer vor der De Havilland Gipsy Moth CH 220 nach der ersten Landung: Von links Ernst Brunner, Rudolf Wyss, Leo Wullimann, Silvio Crivelli, Walter Leuenberger, Hugo Sallaz, Lili Schild, Adolf Schild, Ernst Knab, Fritz Grimm, Ernst Meyer, Otto Rüefli.
Flugplatz-Einweihung 8. Mai 1931: Mit Präzision und dröhnenden Motoren überfliegt eine Dewoitine D-26 Dreierstaffel die Zuschauermenge.
Flugplatz der Stadt Grenchen in der zweiten Hälfte der 50er Jahre.
Flugplatz Grenchen in den 50er Jahren.
Otto Sallaz (1921-1972), eine ausgeprägte Fliegerpersönlichkeit und Förderer des Flugwesens in Grenchen. Am 7. April 1972 bei einem Kunstflugtraining mit seiner Bücker-Jungmeister stürzte Otto Sallaz über dem Flugplatz Grenchen tödlich ab.
Fliegerherzen schlagen höher: Die zweisitzige Bücker-Jungmann, ein Flugzeugtyp aus dem Gründungsjahrzehnt des Grenchner Flughafens, besticht heute noch mit ihrer sportlichen Eleganz. Im Flughafen Grenchen trifft man diese bewährten und weit verbreiteten Maschinen seit Jahrzehnten an.

Im Rosengarten

Dort an der Grenchner Centralstrasse, vis-à-vis der Chäsi, wo heute das wuchtige Gebäude der ETA SA steht, fand die konstituierende Versammlung zur Gründung des Aero-Clubs Grenchen statt. Der initiative Industrielle Adolf Schild konnte an diesem Samstagnachmittag rund 80 Personen begrüssen, die sich für die Aufnahme der Fliegerei in Grenchen interessierten. Adolf Schild informierte die Anwesenden über die Pläne: An der „südlichen Peripherie“ der Ortschaft Grenchen sollte ein Flugfeld im Ausmass von 210×120 Meter geschaffen werden, gleichzeitig sei ein Hangar zu erstellen.

In der Person von Oberleutnant Ernst Knab habe bereits ein Fluglehrer „von grossem Talent“ gefunden werden können, heisst es ebenfalls im ersten Protokolleintrag. Ernst Knab wurde 1904 geboren und 1927 zum Militärpiloten brevetiert.

Die Person von Ernst Knab dürfte auch wichtig gewesen sein, dass in Grenchen überhaupt an die Fliegerei gedacht wurde. Mündlichen Überlieferungen zufolge hatte der Militärpilot, der in der Grenchner Uhrenindustrie arbeitete, nämlich immer wieder Landungen in der Witi durchgeführt, wenn er mit einem Militärflugzeug unterwegs war. Knab brachte nicht nur das erste Flugzeug nach Grenchen, sondern war auch der erste Fluglehrer auf dem Platz. Später wechselte er in die Maschinenindustrie nach Winterthur, wo er vor allem in der Lizenzfabrikation für die Ghost-Triebwerke im Vampire- und Venom-Beschaffungsprogramm tätig war. Ernst Knab kehrte aber immer wieder nach Grenchen zurück und wurde dann für seine Verdienste am 4. Februar 1956 mit der Ehrenmitgliedschaft des Aero-Clubs Grenchen ausgezeichnet. An der General Aviation Show 1994 war er zum letzten Mal hier; er verstarb hoch betagt.

Selbstbewusste Haltung

Für den Aero-Club der Schweiz referierte an diesem besagten Anlass, also am 31. Januar 1931, Hauptmann Jean Köhli aus Bern. Er begrüsste die Initiative zur Flugplatzgründung und brachte den Grenchnern die ersten Kenntnisse über das Flugwesen bei.

Bereits plädierte er für den Kauf einer „englischen Maschine“, mit der, so stellte sich an der ersten Vorstandssitzung vom 9. Februar 1931 heraus, eine zweiplätzige De Havilland Gipsy Moth, gemeint war. Köhli verwies darauf, dass Grenchen die Möglichkeit habe, eine selbständige Sektion des Aero-Club der Schweiz (AeCS) zu werden oder aber, was er empfahl, eine Untersektion des Aero-Clubs Bern.

Die Grenchner entschieden sich dann für die erste Lösung, was angesichts der damals herrschenden wirtschaftlich depressiven Zeit für die – bekanntlich bis heute anhaltende – selbstbewusste Haltung der Uhrenstädter spricht.

Hier gilt es ein Wort zu sprechen über den grossen Initianten und Förderer des Grenchner Flugplatzes und zugleich ersten Präsidenten des Aero-Clubs Grenchen. Es war dies der Industrielle Adolf Schild.

Seiner Tatkraft war es zuzuschreiben, dass der Grenchner Aero-Club und damit der Flugplatz gegründet wurde. Seine finanziellen Zuwendungen machten es überhaupt möglich, dass die Startschwierigkeiten überwunden werden konnten. So schenkte er beispielsweise den Pachtzins für das Gelände, kaufte später einen Zögling, schenkte 1933 ein Guthaben von 4611 Fr., löste einen Kredit von 40'000 Fr. bei der Solothurner Handelsbank ab und erwarb dafür den Hangar und das Grundstück zum Preis von Fr. 16'000. Der Restbetrag von 24'000 Fr. blieb als Schuld stehen, die Adolf Schild später durch eine Schenkung löschte.

Adolf Schild durfte die Entwicklung des Flugplatzes miterleben. Der 1879 geborene wurde später auch der erste Präsident der 1947 gegründeten Regionalflugplatz Jura-Grenchen AG und durfte hoch betagt 91-jährig, zwei Jahre vor seinem Hinschied, am 4. Dezember 1970 noch das Band zur Einweihung der Hartbelagspiste durchschneiden.

Übrigens: Der Bau der Hartbelagspiste war die wichtigste Massnahme in der 70-jährigen Geschichte des Grenchner Flugplatzes; sie erst ermöglichte einen Ganzjahresbetrieb, was die Bedeutung des Flugplatzes verstärkte und die Türe öffnete zur Eidgenössischen Konzession als öffentlicher Flughafen, die erstmals von 1971 bis 2001 galt und dann wieder um 30 Jahre verlängert wurde.

Zu den Initianten des Aero-Clubs Grenchen gehörte auch Leo Wullimann. Der Ingenieur, der uns von den Bildern als Charakterkopf mit Glatze und riesigem Schnauzbart betrachtet, war damals Präsident des Verkehrsvereins Grenchen. An der konstituierenden Versammlung referierte er in „gewohnt launiger Art“, was man sich anhand seines Porträts gut vorstellen kann, über die Vorzüge des Flugfeldes, gestalte sich doch die „Ein- und Ausfahrt von allen Seiten günstig“ (damit war wohl der Ein- und Ausflug gemeint). Wullimann hoffte auf ein „neues Blühen und Gedeihen unserer Ortschaft“ durch die Erstellung des Flugplatzes.

Am Schluss der konstituierenden Versammlung trugen sich 57 Personen ein und bestätigten unterschriftlich ihre Mitwirkung. Heute würde man sagen: Das „Kick-off-Meeting“ war gelungen.

Kein Flugplatz ohne Flugzeug

Die Initianten zögerten nicht lange mit der Realisierung des Grenchner Flugplatzes. Mit einem Tempo, das heute seinesgleichen sucht (und durch die gesetzlichen Bestimmungen schlichtweg verunmöglicht wird), wurde die Vision in die Tat umgesetzt.

Schon am 9. Februar 1931 konstituierte sich der Vorstand im Hotel Löwen. Er präsentierte sich wie folgt: Adolf Schild (Präsident), Leo Wullimann (Vizepräsident), Hugo Sallaz (Kassier), Otto Ruefli (Sekretär), Walter Leuenberger (Pressedienst), Ernst Knab (Fluglehrer), Silvio Crivelli (Materialverwalter), Ernst Meyer und Ernst Brunner (Beisitzer); als Revisoren amteten Fritz Grimm und Rudolf Wyss.

Die Namensliste liest sich wie das damalige „Who-is-who“ von Grenchen. Auch spätere Mitgliederlisten zeigten: Wer etwas von sich hielt, war Mitglied im Aero-Club Grenchen.

Der Vorstand genehmigte das erste Budget für das Jahr 1931, das Investitionen für die Beschaffung des Flugzeuges von 17'500 Fr. sowie den Bau des Hangars von 12'500 Fr. vorsah. Der Mitgliederbeitrag kostete 26 Fr. pro Jahr. Er setzte sich zusammen aus einem Beitrag an die Clubkasse von 14 Fr., einem Beitrag an den Aero-Club der Schweiz von 4 Fr. und dem Abonnement der AeroRevue von 8 Fr.

Noch an der gleichen Sitzung wurde zu Handen der ersten Generalversammlung der Kauf des Flugzeuges beschlossen und der Architekturauftrag für die Erstellung des Hangars vergeben; der Hangar richtet sich nach einem Vorbild, das eine Delegation des Aero-Clubs Grenchen in St. Imier besichtigt hatte. Dieser Hangar mit seinem charakteristischen Rundbogendach stand bis zum Neubau des Flugplatzrestaurantes, das 1974 eröffnet wurde und befand sich ungefähr dort, wo heute die Rôtisserie des Restaurants Airport steht.

Die erste Generalversammlung tagte am 23. Februar 1931 im Hotel Löwen. Den vom Vorstand beantragten Investitionen für das Flugzeug und den Bau des Hangars stimmte die Versammlung zu. Auch der Vertrag für die Pacht des Grundstückes mit Pauline Schild-Hugi wurde genehmigt. Das Wort des Präsidenten Adolf Schild, dass „Grenchen inskünftig zufolge der Errichtung eines Flugplatzes auf allen Fliegerkarten der Welt eingezeichnet“ sei, drückt den Stolz aus, den die Versammlung in diesem Moment wohl empfunden haben dürfte.

Der Aero-Club der Schweiz stimmte an seiner Hauptversammlung vom 28. Februar 1931 der Aufnahme der Sektion Grenchen mit Akklamation zu, was an der Vorstandssitzung vom 2. März von den Grenchnern zur Kenntnis genommen wurde. Noch an der gleichen Sitzung wurden die Bauarbeiten für den Hangar an die Firmen Wyss, Meyer & Co. (Erd- und Maurerarbeiten) und an Gebr. Emch (Zimmereiarbeiten) vergeben.

An weiteren Vorstandssitzungen vom 9., 23. und 30. März sowie 4. April 1931 wurden die Vorarbeiten zur Eröffnung des Flugplatzes weitergetrieben. Die Sitzung vom 4. April beauftragte Fluglehrer Ernst Knab, das neue Flugzeug auf dem De Havilland-Werksflugplatz in Stage Lane abzuholen. In einem Bericht von Ernst Knab und im Logbuch des Flugzeuges CH 220, das sich in unserem Archiv befindet, ist der Überflug von Stage Lane nach Grenchen dokumentiert. Das Logbuch ist übrigens auch in der Jubiläumsausstellung zu sehen.

Bereits acht Tage später war es soweit: Am 12. April 1931 landete Ernst Knab mit der Moth CH-220 „Grenchen“ auf dem neuerstellten Flugplatz unter grosser Anteilnahme der Bevölkerung.

Die Uhrenmetropole Grenchen war in nur zweieinhalb Monaten Vorbereitungszeit neu auch zum Flugplatzstandort geworden. Am 10. Mai wurde das Flugzeug und die Graspiste eingeweiht, und bereits am 26. Juli 1931 bestaunten 10'000 Besucher die fliegerischen Vorführungen, unter anderem mit einer Dewoitine-Staffel. Unser Bild hier zeigt den Flugzeugpark an diesem Flugtag, unter anderem mit den drei Dewoitines D-26, die ja auch Jahrgang 1931 haben und damals nigelnagelneu waren.

Die Piloten waren die Oblt Frei, Gerber und Nievergelt. William Frei war übrigens als Oberst später – ab 1946 – einer der ersten Schweizer Jetpiloten auf De Havilland Vampire und unermüdlicher Förderer dieser neuen Antriebsart, was ihm im Volksmund den Namen „Düsen-Willi“ eingebracht hat. Er starb erst vor wenigen Jahren hochbetagt.

Dieser Vortrag kann nur auf den ersten Teil der Flugplatzgeschichte eingehen. Aber ein Überblick über die ersten 10 bis 15 Jahre wäre unvollständig, wenn ich nicht noch drei wichtige Punkte erwähnen würde:

  1. Im „Bordbuch der Schweizer Luftfahrt“, einer Chronik von alt KKdt Ernst Wyler, die die Schweizer Luftfahrt von 1783 bis 2000 beschreibt, findet man unter dem Jahr 1931 – also dem Gründungsjahr des Flugplatz den Hinweis, dass Willi Farner am 28. Juni als erster Schweizer einen Flugzeugschleppstart mit einem Segelflugzeug durchgeführt hat.
     
  2. Der in der Aviatik sehr bekannte Farner – er lebte von 1905 bis 1978 – wurde 1932 von Adolf Schild nach Grenchen berufen, um arbeitslose Uhrenmacher zum Flugzeugbau umzuschulen. 1933 gründete Farner sein eigenes Unternehmen: Die Firma Farner Air Services und die Nachfolgerin FAST ist bis auf den heutigen Tag eng mit dem Schicksal des Grenchner Flugplatzes verbunden.
     
  3. Schon kurz nach der Flugplatzgründung wurde das Areal auch vom Militär benutzt. Das Militär machte auch eine Flugaufnahme, die älteste Flugaufnahme des Grenchner Flugplatzes, die mir zurzeit bekannt ist. Die Aufnahme stammt vom 7. April 1933 und zeigt den Flugplatz Grenchen belegt mit Militär. Gut zu erkennen sind die Fliegerzelte des Militärs. Bis und mit zum Zweiten Weltkrieg wurde der Grenchner Flugplatz oft vom Militär benutzt, vor allem für WK's und dann während des Aktivdienstes vom September 1939 bis September 1940 von den Fliegerkompanien 12 und 11.
     
  4. Mit der Gründung wurde der Aero-Club Grenchen Besitzerin des Flugplatzes und seiner Immobilien. Das änderte sich am 4. Februar 1947: Es war der Gründungstag der Regionalflugplatz Jura-Grenchen AG, die damals noch Regionalflugplatz Jura hiess. Damit wurde quasi eine „Gewaltentrennung“ eingeführt: Die Aktiengesellschaft als Besitzerin des Flugplatzes, seiner Immobilien und als Flugplatzbetreiberin, der Aero-Club – oder besser gesagt seine Mitglieder – als Benützer. Diese Trennung hat sich bewährt und führt weniger zu Interessenkonflikten – vor allem ermöglichte sie eine erweiterte Benützung des Flugplatzes durch Fluggruppen und Flugschulen ausserhalb des Aero-Clubs Grenchen – beispielsweise die Ansiedlung der Aero-Clubs Olten mit seiner Motorfluggruppe, als Anfang der 80er Jahre der Oltner Flugplatz im Gheid geschlossen wurde. Das wiederum ermöglichte eine prospektive wirtschaftliche Entwicklung.

Quellen

(Dieser Artikel ist Eigentum des Autors / der Autorin und kann deshalb nicht editiert werden.)

Einzelnachweise

  1. Vortrag vom 12. April 2006 zum 75-Jahr-Jubiläum der ersten Landung

Weblinks