Spital Grenchen: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Wiki der Stadt Grenchen
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Zeile 139: Zeile 139:
  
 
=== Erfolgreiche «Spitalschau» ===
 
=== Erfolgreiche «Spitalschau» ===
Das Spital stand noch im Rohbau, als sich der Stiftungsrat entschloss, vorgängig der eigentlichen Einweihungsfeier in einer «Spitalschau der gesamten Bevölkerung, interessierten Fachkreisen, der Presse, den Gönnerfirmen und den Behörden Gelegenheit zu geben, das im Werden begriffene grosse Werk zu besichtigen. In der Aula des Schulhauses IV wurde die eigentliche Spitalschau aufgebaut, für deren Gestaltung der Grenchner Künstler Ferdinand Kaus verantwortlich zeichnete, «der innert kürzester Zeit ein Werk schuf, wie es nur ein ideenreicher und aufgeschlossener Künstler zu vollbringen vermag. Der Raum wurde geschickt eingeteilt in verschiedene Abteilungen», ist im Bericht über diese Aktion zu lesen. In diesen Abteilungen zeigten die Veranstaltenden die Gegenstände, die in der Küche, der Wäscherei, im Operationssaal und in den Krankenzimmern zur Anwendung gelangen. Man muss sich heute diese originelle Ausstellung als eine riesengrosse und dreidimensionale «Liste de mariage» vorstellen. Es wurden vor allem jene Gegenstände präsentiert, die mit den Spenden der Besuchenden angeschafft werden sollten. «An gut sichtbarer Stelle fand sich der Wahlspruch: «Lass reden dein Herz und öffne die Hände. Gib willig dem Spittel eine freudige Spende». Mitten in der Ausstellung lag das «Goldene Buch» auf, in dem sich die Spendenden eintragen konnten. Diese Spitalschau, die bewusst an der Stelle eines Bazars durchgeführt wurde, hatte unglaublichen Erfolg. In gerade zweieinhalb Tagen spendete die Bevölkerung eine Viertelmillion Franken. Im Schlussbericht zum Spitalbau ist erwähnt, dass sämtliche Spenden Privater und Firmen, die nicht in der Stiftung selber vertreten waren, 354'466 Franken ausmachten. Diese Zahl müsste mehrmals multipliziert werden, um den heutigen Geldwert zu erfassen.
+
Das Spital stand noch im Rohbau, als sich der Stiftungsrat entschloss, vorgängig der eigentlichen Einweihungsfeier in einer «Spitalschau der gesamten Bevölkerung, interessierten Fachkreisen, der Presse, den Gönnerfirmen und den Behörden Gelegenheit zu geben, das im Werden begriffene grosse Werk zu besichtigen. In der Aula des [[Schulhauses IV]] wurde die eigentliche Spitalschau aufgebaut, für deren Gestaltung der Grenchner Künstler [[Ferdinand Kaus]] verantwortlich zeichnete, «der innert kürzester Zeit ein Werk schuf, wie es nur ein ideenreicher und aufgeschlossener Künstler zu vollbringen vermag. Der Raum wurde geschickt eingeteilt in verschiedene Abteilungen», ist im Bericht über diese Aktion zu lesen. In diesen Abteilungen zeigten die Veranstaltenden die Gegenstände, die in der Küche, der Wäscherei, im Operationssaal und in den Krankenzimmern zur Anwendung gelangen. Man muss sich heute diese originelle Ausstellung als eine riesengrosse und dreidimensionale «Liste de mariage» vorstellen. Es wurden vor allem jene Gegenstände präsentiert, die mit den Spenden der Besuchenden angeschafft werden sollten. «An gut sichtbarer Stelle fand sich der Wahlspruch: «Lass reden dein Herz und öffne die Hände. Gib willig dem Spittel eine freudige Spende». Mitten in der Ausstellung lag das «Goldene Buch» auf, in dem sich die Spendenden eintragen konnten. Diese Spitalschau, die bewusst an der Stelle eines Bazars durchgeführt wurde, hatte unglaublichen Erfolg. In gerade zweieinhalb Tagen spendete die Bevölkerung eine Viertelmillion Franken. Im Schlussbericht zum Spitalbau ist erwähnt, dass sämtliche Spenden Privater und Firmen, die nicht in der Stiftung selber vertreten waren, 354'466 Franken ausmachten. Diese Zahl müsste mehrmals multipliziert werden, um den heutigen Geldwert zu erfassen.
  
 
=== Aus der Baugeschichte ===
 
=== Aus der Baugeschichte ===

Version vom 21. November 2015, 10:23 Uhr

Der Spitalfonds

Euseb Vogts Spitalfonds stiess in Grenchen auf grosse und ungeteilte Zustimmung. Private und Vereine setzten sich ein und arbeiteten auf ein Ziel hin, den Bau eines Grenchner Spitals.

Am Dienstag, 4. Februar 1873, setzte Gemeindeammann Euseb Vogt seinen schon vor längerer Zeit gefassten Vorsatz um. Schon oft hatte er über seine Idee nachgedacht und sich mit seinen Freunden besprochen. Gegen Mittag machte er sich auf den Weg zur Spar- und Leihkasse Grenchen und deponierte dort fünf Franken zu Gunsten eines Spitalfonds für Grenchen. Mit dieser Einlage gründete er den Spitalfonds Grenchen und legte symbolisch den ersten Grundstein für das künftige Ortsspital Grenchen. Doch sein Fünffränkler sollte gute Früchte tragen, denn von seiner Idee war die gesamte Bevölkerung begeistert.

Nur vier Tage nachdem Euseb Vogt seinen Fünffränkler auf der Spar- und Leihkasse deponiert und so den Spitalfonds gegründet hatte, konnte Bankverwalter Peter Obrecht im neuen Fonds 161 Franken verbuchen. Die Herkunft des Betrages ist ungewiss. Es wird aber angenommen, dass der Kirchengesangverein das Geld anlässlich eines Konzertes eingenommen hat. Zu den grossen Gönnern des Fonds gehörte dessen Gründer Euseb Vogt. Testamentarisch vermachte er dem Spitalfonds 12'000 Franken.

Der Polen Adler

In der Liste der Donatoren des Spitalfonds figuriert der polnische General Langiewicz. Der mathematisch Hochbegabte diente vorerst als Artillerieoffizier im Preussischen Heer. 1860 übernahm der damals 33-Jährige eine Lehrstelle an der neuen Militärschule von Paris. 1861 beteiligte er sich als Adjutant des Generals von Milbitz an der Eroberung Neapels durch Garibaldi. Hier dürfte er mit den Anhängern des Risorgimento in Kontakt getreten sein und hörte sicher auch von Giuseppe Mazzini. Im gleichen Jahre versuchten die Polen, sich aus der Russischen Herrschaft zu befreien. Der offene Aufstand brach dann 1863 aus. General Marian Langiewicz stellte sich an die Spitze der Bewegung, ernannte sich am 10. März 1863 zum Diktator Polens und setzte gleichzeitig eine zivile Regierung ein. Bereits am 19. März musste er jedoch abdanken, und die Russen übernahmen erneut die Herrschaft über Polen. Langiewicz wurde auf der österreichischen Festung Josefsstadt inhaftiert. Bereits am 23. Dezember 1863 wurde er einstimmig ins Bürgerrecht Grenchens aufgenommen. Dank dieses Beschlusses kam der General frei. Am 30. März 1865 besuchte Langiewicz seinen neuen Heimatort. Weil er wieder in seine frühere Heimat Österreich-Polen zurückkehren wollte, glaubte Langiewicz auf sein Bürgerrecht verzichten zu müssen. Als Geschenk liess er seinem Heimatort 600 Franken zu Gunsten des Spitalfonds überweisen.

Immer wieder Erbschaften

Auffallend oft wurde der Spitalfonds in Testamenten erwähnt. Noch im Gründungsjahr übergaben die Erben von Franz Rust 500 Franken und die Nachkommen von Johann Viktor Schürer weitere 1'000 Franken. Die Witwe Pequignot-Girard vermachte der Stiftung vier Grundstücke im Möösli und in der Neuen Zelg. Der Wert der Grundstücke wurde auf 5'240 Franken geschätzt. Die Gemeinde engagierte sich für den Fonds und übergab die Gebühren für Schaustellungen, Konzertbewilligungen und die Taxen für Hausiererpatente. Auf diese Weise kamen im Jahre 1923 weitere 1‘133 Franken in den Fonds. Die Ortsvereine setzten sich mit sehr grossem Engagement für den Spitalfonds ein. 1885 organisierte die Unteroffiziersmusik eine Tombola, deren Erlös von 150 Franken in den Fonds floss. 1889 wurde in der Gemeinde eine weitere Tombola durchgeführt. Der Ertrag von stolzen 1'631 Franken wurde in den Fonds gelegt, und schliesslich sei daran erinnert, dass der Cercle Romand 1912 dank einer Tombola 1'332 Franken abliefern konnte. Am 18. Januar 1924 befanden sich 168'270 Franken im Spitalfonds.

Die Gemeindenotfallstube

Zehn Jahre nach der Gründung des Spitalfonds durch Landwirt und Gemeindeammann Euseb Vogt wurde eine sogenannte Gemeindenotfallstube errichtet. Der Chronist Werner Strub[1] schreibt über ihr Schicksal lakonisch und ohne auf weitere Details einzugehen:

«Die dann aber wieder einging.»

Das Spital im Tripoli

Spital im Tripoli.

Grenchens erstes Spital befand sich im Tripoli

1912 wurde mit dem Bau des Grenchenbergtunnels begonnen. Im Tripoli, der Wohnsiedlung der am Tunnelbau beteiligten italienischen Spezialarbeiter und ihrer Familien, liess die Bauleitung ein kleines, aber offenbar gut eingerichtetes Spital erbauen. Im Schlussbericht [2] an das Schweiz. Post- und Eisenbahndepartement aus dem Jahre 1917 finden wir folgende Ausführungen:

"In Grenchen wurde mangels eines öffentlichen Spitals von der Unternehmung ein solches Gebäude in Riegelbau erstellt. Dasselbe enthielt nach Fertigstellung 35 Betten und ein Röntgenkabinett. Ein ständiger Wärter und drei Krankenschwestern führten die Aufsicht."

Professor Dr. C. Andrea schrieb in seiner Publikation „Münster-Lengnau-Bahn“ unter anderem:

"Die Société Franco-Suisse stellte hier für den Sanitätsdienst einen eigenen Arzt, Dr. Hagnauer, an. In besonders schweren Fällen wurden gelegentlich auch die Ärzte von Grenchen beigezogen."

Sämtliche Patienten aus dem Umkreis der Tunnelbauer und ihrer Angehörigen wurden hier im kleinen Spital[3] an der Alpenstrasse behandelt. Eine Ausnahme gab es jedoch für jene Kranken, die eine Spezialbehandlung nötig hatten.

Am 1. Oktober 1915 wurde der Fahrbetrieb auf der Strecke Lengnau – Grenchen – Moutier aufgenommen. Doch die Geschichte des kleinen Spitals im Tripoli war damit noch längst nicht zu Ende.

Die Gemeinde zeigt grosses Interesse

Im September 1915 beschäftigte sich der Gemeinderat[4] nicht zum ersten Mal mit der Frage, ob im „Spitäli“ ein Absonderungshaus oder eine Notfallstube eingerichtet werden sollte. Solche Absonderungshäuser wurden in allen grösseren Gemeinden der Schweiz eingerichtet. Damit wollte man erreichen, dass epidemisch Erkrankte (Pocken, Grippen etc.) die (noch) Gesunden nicht anstecken konnten. Für Grenchen war es eigentlich eine Notwendigkeit, ein Absonderungshaus einzurichten.

Die Grenchner Ärzte zeigten sich vom Kauf des Tripoli-Spitals durch die Gemeinde nicht besonders begeistert. Vor allem der Zustand der Kanalisation machte ihnen Sorgen und sie meinten,

"dass das Kaufs-Objekt noch viel Geld verschlingen würde, bis dasselbe den modernen und hygienischen Anforderungen entsprechen würde."

Der Landbesitzer Josef Luterbacher war bereit, das Land, auf dem das Spital „provisorisch“ erstellt worden war, für 15 Rappen pro Quadratfuss (oder 1.65 Franken pro Quadratmeter) zu verkaufen. Diese Offerte schien dem Rat zu hoch zu sein und schliesslich entschied man, auf den Kauf gänzlich verzichten zu wollen. Die Gesundheitskommission erhielt den Auftrag, anderswo ein Absonderungshaus zu erbauen. Rund 30'000 Franken sollte dieses gemäss einer sechs Jahre zuvor errechneten Offerte kosten. An diese Investitionen würden Kanton und Bund rund 6'000 Franken leisten, teilte Josef Hof, der Aktuar der Grenchner Gesundheitskommission mit. Die Gesundheitskommission erhielt den Auftrag, eine aktualisierte Vorlage für den Bau eines Absonderungshauses auszuarbeiten. Für die Finanzierung des geplanten Vorhabens solle der Spitalfonds herbeigezogen werden.

Was geschah dann?

Offenbar war das Geschäft „Tripoli-Spital“ für den Gemeinderat abgeschrieben. Innerhalb der nächsten drei Monate musste aber einiges geschehen sein, denn am 18. Dezember 1915 reichte der Besitzer des Grundstückes, der bereits bekannte Landwirt Josef Luterbacher, bei der Bauverwaltung die Pläne für die Erweiterung des Hauses um einen nordwestlich gelegenen Operationssaal ein. Was beabsichtigte Luterbacher mit diesem Erweiterungsbau? Die Baupläne wurden vom Grenchner Architekten Otto Stalder ausgefertigt.

Am 21. Dezember 1917, trat in Grenchen ein Pockenfall auf. Damit trat die Geschichte des „Tripoli-Spitals“ in eine neue Phase ein. Dazu Werner Strub[1] im ‚Heimatbuch Grenchen':

"Die Kranke musste isoliert und sieben Wochen im Absonderungshaus in Grenchen untergebracht werden, wo sie unter der Obhut einer Rotkreuzschwester stand."

Die Gemeinde hatte in der Zeit zwischen 1915 und 1917 das kleine Spital erworben und richtete es als Notspital und Absonderungshaus ein. 1917 lebten zwei Familien im Gebäude, die während der Quarantäne der Pockenkranken interniert und durch die Gemeinde verpflegt wurden. Bereits am 6. Februar 1918 wurde die Erkrankte als geheilt aus dem Spitäli entlassen.

Offenbar wurde das kleine Spital 1923 erneut als Absonderungshaus gebraucht. Während einer vier Monate lang dauernde Pockenepidemie wurden hier 35 Patienten gepflegt. Strub[1] schreibt:

"Glücklicherweise waren trotz einiger schweren Fälle keine Todesfälle zu verzeichnen."

Die Grippe sucht Grenchen heim

Wir müssen ins Jahr 1918 zurück gehen: Auch in Grenchen litt die Bevölkerung unter der Grippe. Die Statistik zeigte, dass täglich 30 bis 50 Neuerkrankungen auftraten. Dazu schreibt der Chronist Werner Strub[1]:

„Die private Behandlung genügte nicht mehr, die Heranziehung von Pflegepersonal war fast unmöglich, ein Krankenhaus stand nicht zur Verfügung; die Spitäler in unsern grösseren Nachbarorten waren überfüllt."

In unserer Gemeinden wurden zwei Grippenwellen beobachtet. Im Verlauf der ersten Welle wurde im Schulhaus 2 ein Notspital errichtet.

"Die Beschaffung von Spitalmaterial blieb grösstenteils auf die freiwillige Hilfeleistung angewiesen. In der Turnhalle wurde eine Desinfektionsanlage installiert."

Während der zweiten, stärkeren Epidemiewelle konnten die Erkrankten im Tripolispital untergebracht werden. Das alte „Spitäli“ bestand noch bis 1982. Anlässlich der Volkszählung 1960 besuchte der Autor das „alte Spitäli“. Damals lebten drei Familien im alten und im Innern reichlich verwinkelten Haus.

Auf eigenen Füssen stehen

In Grenchen starben im Verlaufe der Epidemie 90 Personen, und man rechnet, dass zwischen 60 und 70 Prozent der Bevölkerung erkrankt war. Diese Ereignisse hinterliessen in der Bevölkerung einen tiefen Eindruck. Behörden und Bevölkerung Grenchens hatten festgestellt, dass im Notfall kein Ausweichen auf die Nachbarspitäler möglich ist. Und, eine ähnliche Epidemie konnte jederzeit wieder ausbrechen. Der Gedanke, für die Gemeinde ein eigenes Spital zu schaffen und so im Notfall unabhängig zu sein, prägte sich der Gemeinschaft ein.

Dem Bettelstab entronnen - Geld aus dem Fenster werfen?

Aus dem Grenchner Spitalfonds wurde im Jahre 1927 die Summe von 60'000 Franken für den Ausbau des Bürgerspitals Solothurn genommen. Doch waren mit diesem Beschluss nicht alle restlos glücklich.

Wie lange das alte Spital im ehemaligen Tripoli von unseren Vorfahren als Notspital und Absonderungshaus genutzt wurde, ist noch nicht bekannt. Nach 1925 aber dürfte unter dem Eindruck der Grippeepidemie im ganzen Kanton der Bau von Absonderungshäusern erneut diskutiert worden sein. Mit dem Bau solcher Häuser wollte man sich auf die Auswirkungen künftiger Epidemien vorbereiten.

Zuerst ein klares Nein

Im Juni 1927 gelangte die Bürgergemeinde Solothurn an die Gemeinde Grenchen und forderte sie auf, sich mit einem Betrag an der Finanzierung des neuen Bürgerspitals zu beteiligen. Die Bettenzahl der Institution sollte von 125 auf 230 aufgestockt werden. Das Sanitätsdepartement des Kantons Solothurn rechnete Grenchen vor, dass ein Betrag von 80'000 Franken zu leisten sei. Obwohl im Bürgerspital auch die Errichtung eines Infektions-Pavillons vorgesehen war, müsse Grenchen trotz grosser finanzieller Beteiligung am Projekt ein eigenes Absonderungshaus bauen. Diese Ausgangslage behagte Grenchen nicht, und die Gemeindeversammlung beschloss im Juni 1927, auf das Begehren aus Solothurn nicht einzutreten. Im Verlaufe der zweiten Jahreshälfte 1927 beschloss der Regierungsrat nach etlichen Diskussionen, die Gemeinden in den Bezirken Lebern und Bucheggberg von der Pflicht, ein eigenes Absonderungshaus führen zu müssen, zu entbinden. Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Gemeindesubventionen ausreichten, um den Infektions-Pavillon zu finanzieren. Grenchen habe sich, so wurde mitgeteilt, mit einem Betrag von 84'000 Franken an den zu erwartenden Kosten zu beteiligen. Am 22. Dezember 1927 beriet die Grenchner Gemeindeversammlung über den Antrag des Gemeinderates, der Solothurner Bürgergemeinde 80'000 Franken in vier Jahrestranchen zu je 20'000 Franken zu überweisen.

Heftige Diskussion

An der Gemeindeversammlung erinnerte Leo Wullimann daran, dass die Gemeinde vor einigen Jahren noch fast am Bettelstab gegangen sei «und jetzt sei man im Begriff, das verfügbare Geld zum Fenster hinauszuwerfen.» Wullimann zeigte sich überzeugt, dass der Infektions-Pavillon für Grenchen nichts nütze, «weil die Stadt Solothurn ein Verbot gegen den Durchlass epidemisch Erkrankter erlassen kann.» Er forderte den Gemeinderat auf, sorgsam mit dem Geld im Spitalfonds umzugehen und zu gegebener Zeit ein Spital mit einem Kostenaufwand von etwa einer halben Million zu bauen. Als Beispiel nannte er die viel kleinere Gemeinde Niederbipp, die über ein eigenes Spital verfüge. Er war bereit, 10'000 Franken nach Solothurn zu schicken. Fürsprech Gisiger beantragte, 60'000 Franken zu leisten. Dieser Betrag entspreche etwa den Baukosten für ein eigenes Absonderungshaus. Der Arzt W. Flüeler unterstützte den Antrag des Gemeinderates. Die Idee, ein eigenes Spital bauen zu wollen, solle man begraben, meinte der Arzt und verwies auf die hohen Betriebskosten eines Spitals, die zu erwarten und von der Gemeinde zu tragen wären. Schliesslich wurde der Antrag Gisiger mit 79 zu 72 Stimmen angenommen.

Neue Erweiterung

Am 21. November 1946 gelangte die Bürgergemeinde Solothurn erneut an Grenchen und ersuchte um einen Beitrag an den Ausbau der Institution. Vorgesehen war, das Bürgerspital um 100 Betten zu erweitern. Die seinerzeit geleisteten 60'000 Franken «müssen auch heute noch als bescheiden bezeichnet werden», erklärten die Verantwortlichen der Bürgergemeinde. Im gleichen Brief wurde ferner auch erwähnt, dass die Grenchner Industrie damals (1927) nur gerade 2'000 Franken gespendet habe. Einer dem Schreiben beigefügten Statistik konnte man entnehmen, dass 1945 von den 617 Wöchnerinnen 81 aus Grenchen und 101 aus Solothurn stammten. Von den im gleichen Jahr betreuten 3'462 Patientinnen und Patienten kamen 400 aus Grenchen und 586 aus der Stadt Solothurn. Schliesslich erwartete die Solothurner Bürgergemeinde aus Grenchen 300'000 Franken. Diesen Betrag sollten Stadt und Industrie gemeinsam aufbringen. «Der vorzügliche Geschäftsgang in der Uhrenindustrie sollte dies gegenwärtig möglich machen.» In Grenchen war das eigene Spitalprojekt inzwischen in eine entscheidende Phase getreten, so dass die Forderungen aus Solothurn in den Hintergrund gedrängt wurden.

Die Ebauches SA gibt die entscheidende Initialzündung

Mit einer Einlage von 100'000 Franken der Ebauches SA wurde 1942 die Stiftung «Spitalfonds Grenche» ins Leben gerufen. Diesem Beispiel folgend unterschrieben rund 40 Firmen aus Grenchen und benachbarten Gemeinden den Stiftungsvertrag, der am 1. Januar 1943 in Kraft trat.

Der vom Gemeindeammann Euseb Vogt gegründete Spitalfonds besass keine juristisch abgesicherte Stiftungsurkunde, wurde aber in der Bevölkerung und bei den Behörden dennoch als wirkliche Stiftung wahrgenommen und entsprechend behandelt. Obwohl immer wieder Private und die Gemeinde den Fonds äufneten, umfasste er 1945 nur gerade 224'000 Franken. Aber vorher schon schien es, als würde das Ziel, ein eigenes Grenchner Spital zu gründen, in immer weitere Ferne rücken. Dies umso mehr, als mit Geldern des Fonds Beiträge ans Bürgerspital Solothurn geleistet wurden. Doch es sollte anders, viel besser kommen: Am 29. Dezember 1942, mitten in der Zeit des Zweiten Weltkrieges, unterschrieben Sidney de Coulon und Robert Schild im Namen der Ebauches SA den tiftungsvertrag «Spitalfonds Grenchen», der am 1. Januar 1943 in Kraft treten sollte. Gleichzeitig überwiesen die Vertreter der Stifterfirma ihrer neuen Stiftung ein Startkapital von 100'000 Franken. Die Zweckbestimmung der Stiftung lautete kurz und verständlich: «Die Stiftung hat den Zweck, Mittel zum Bau und Betrieb eines Spitals in Grenchen bereitzustellen.» In Artikel 6 der Urkunde ist festgehalten, dass der Ebauches SA sieben Sitze im Stiftungsrat gehören, dass aber «jede Organisation oder Privatperson, die mindestens 50'000 Franken der Stiftung zuweist» Anrecht auf einen weiteren Sitz im Stiftungsrat besitzt. Ferner wurde vereinbart, dass alle Spender von mindestens 5'000 Franken jährlich einmal zu einer Orientierungsversammlung eingeladen werden, wo sie über die Entwicklung des Projektes eingehend informiert würden. Man wird später immer wieder lesen können, dass die Industrie diesen Fonds nicht in einer Phase der Hochkonjunktur, sondern in politisch und wirtschaftlich höchst angespannter Zeit gegründet hatte.

Das Signal wurde verstanden

Die Initialzündung der Ebauches SA wurde verstanden. Am 29. Juni des Jahres 1943 trafen sich die Vertreter von 40 Unternehmen Grenchens und benachbarter Gemeinden um eine erweiterte Stiftungsurkunde zu unterschreiben und der neuen Institution beizutreten. Gleichzeitig sicherten sie der Stiftung Beiträge im Umfang von 776'920 Franken zu. Vor diesem eindrücklichen Hintergrund trat die Stiftung «Spitalfonds Grenchen» auf Anhieb als wichtige und unübersehbare Institution vor die Öffentlichkeit. In der neu gefassten Stiftungsurkunde wurde im Artikel 3 festgehalten, dass die Stiftung den Arbeitern und Angestellten jener Firmen gewidmet sei, die sich an der Finanzierung des geplanten Spitals beteiligen. «Die Spitalleitung ist verpflichtet, in erster Linie Angestellte und Arbeiter von Firmen, die der Stiftung Beträge zukommen lassen, sowie Familienangehörige dieser Angestellten und Arbeiter zur Pflege aufzunehmen.» Zusätzliche Patientinnen und Patienten sollten aber nur aufgenommen werden, wenn im Spital freie Pflegeplätze zur Verfügung stünden. Allerdings müssten diese höhere Pflegetaxen bezahlen. Man rechnete damit, dass jede Stifterfirma pro Arbeiter 120 Franken einbezahlen werde. Dies geschah in der Folge auch.

Ein Industriespital

Aus der Stiftungsurkunde geht hervor, dass es die Absicht der 40 Stifter-Firmen und ihrer Vertretungen im Stiftungsrat war, in erster Linie ein Industriespital zu errichten. Dieses sollte aber in zweiter Linie der weiteren Bevölkerung Grenchens und der umliegenden Gemeinden zur Verfügung stehen. In den folgenden Jahren erhob der Stiftungsrat von seinen Stifter-Firmen weitere Beiträge. Dies war umso eher möglich, als die konjunkturelle Lage sehr gut war. - Diese ursprüngliche Ausgangslage verbesserte sich im Jahre 1951 von Grund auf, als die Stimmberechtigten Grenchens an der Urne einen Beitrag von 500'000 Franken an die Stiftung Spitalfonds beschlossen. Nun erst wurde das Projekt Spitalbau Grenchen zu einem Vorhaben, an dem sich die ganze Gemeinde beteiligte. Das Spital wurde zu einer Vision, für deren Verwirklichung Bevölkerung, Behörden und Unternehmen bereit waren, grosse Opfer zu bringen.

Ein Zwischenspiel

Im Jahre 1951 entbrannte, wohl im Zusammenhang mit der Urnenabstimmung über die finanzielle Beteiligung der Stadt, eine interessante Standortfrage. Reserviert für den Bau des Spitals war das Grundstück, auf dem heute das «alte Spital» steht. Am 4. September 1951 berichtete das «Grenchner Tagblatt», dass eine Gruppe in der Bevölkerung das Spital im Gebiete des «Chappeli» erstellt sehen möchte. Der Berichterstatter warnte vor solchen Plänen. Die Wasserversorgung müsste ausgebaut und erweitert werden, die Strassenverhältnisse- würden nicht mehr genügen und schliesslich müsste im Winter ein spezieller Schneeräumungsdienst eingerichtet werden. «Es ist eine grosse Frage, ob die Leute beim Südbahnhof nicht lieber mit dem Zug nach Biel oder Solothurn fahren, als vielleicht ein Taxi bis zum «Chappeli» zu mieten, insofern überhaupt ein Taxi frei wäre. Es wäre nicht interessant, bei Wind und Wetter zu Fuss nach dem <Chappeli> zu spazieren. Derjenige, der diesen Weg im Winter einmal bei Schneegestöber gemacht hat, kann nur mit Schaudern daran denken.» Und der Zeitungsbericht schliesst mit der Feststellung, die ihre grundsätzliche Gültigkeit auch heute noch besitzt «die Gemeinde soll sich nicht mehr Kosten machen, als es unbedingt notwendig ist.»

Wie stehen die Chancen für ein Spital?

Zielstrebig arbeitete der Stiftungsrat «Spitalfonds Grenchen» an der Verwirklichung des Ziels. dem Bau eines Grenchner Ortsspitals. Doch es mangelte nicht an kritischen Stimmen.

Mit grossem Engagement setzte sich R. F. Schild-Comtesse, Direktor Eterna, für die Verwirkichung der Grenchner Spital-Idee ein. Für ihn war es klar, dass die kleine Stadt am Jura-Südfuss ihre Infrastruktur durch den Bau eines Spitals verbessern musste. Noch hatte sich das politische Grenchen nicht über einen Beitritt zur Spital-Stiftung entschieden. Das Ammannamt scheint sich im Sommer 1946 mit Jean C. Bruggmann, dem Verwaltungsdirektor des Kantonsspitals Zürich, in Verbindung gesetzt zu haben, um von diesem zu erfahren, wie er die Chancen eines eigenen Spitals beurteilte.

Viele Unbekannte beachten

Bruggmann wies in seiner Antwort auf die hohen Investitions- und Betriebskosten eines Spitals hin. «Ein modernes, auch kleines Spital kann heute ohne gute Röntgeneinrichtung, Elektrokardiographie, gut ausgerüstetes Laboratorium, septische und aseptische Operationsanlage, Cystoskopie, Hydrotherapie und Elektrotherapie nicht mehr auskommen.» Man müsse bei der Planung eines neuen Spitals von einem Kubikmeterpreis von 200 Franken ausgehen, fügte er bei, was ein sehr hoher Preis sei. Interessant sind Bruggmanns Ausführungen zu den Betriebskosten. Nach dem Krieg seien die Kosten pro Krankenpflegetag auf 10 bis 14 Franken gestiegen. Die Einnahmen dagegen würden pro Tag 6 bis 9 Franken nicht übersteigen, woraus Bruggmann ein zu erwartendes Defizit von 4 bis 5 Franken pro Patient und Pflegetag errechnete. Jährliche Defizite von 120'000 Franken in einem 100-Betten-Spital seien nichts Seltenes. Der Zürcher Fachmann erinnerte die Grenchner daran, dass ein Spital eine bestimmte Grösse aufweisen müsse (250 bis 350 Betten), damit es optimal genutzt werden kann. Zur inneren Ausrichtung eines Orts- oder Bezirksspitals meinte Bruggmann: «Ein Spital, das den minimalen Anforderungen einer Gemeinde oder eines Bezirks genügen soll, muss sowohl über eine medizinische wie auch über eine chirurgische Abteilung verfügen. Zweckmässig ist auch eine geburtshülfliche Abteilung.» Schliesslich riet er Grenchen, sich am Ausbau des Bezirksspitals in Biel (309 Betten) oder des Bürgerspitals Solothurn (282 Betten) zu beteiligen. Bruggmann dachte dabei an eine Aufstockung des einen oder anderen Spitals um rund hundert Betten, für welche Grenchen sich auf dem Verhandlungsweg «ein gewisses Primat hinsichtlich der Reservierung einer grösseren Anzahl von Krankenbetten» erwirken sollte. Bruggmann schloss seine Betrachtungen mit den Worten: «Biel und Solothurn besitzen Spitäler, die neuzeitlich eingerichtet sind. Sie durch den Bau eines neuen Spitals in Grenchen zu konkurrenzieren wäre, wirtschaftlich betrachtet, kaum zu verantworten». Einem Bericht im «Grenchner Tagblatt» vom 14. Juni 1978 zum 25-jährigen Bestehen des Ortspitals kann entnommen werden, dass auch der seinerzeitige Kantonsarzt sich gegen den Bau des Spitals ausgesprochen hatte. Und unter dem Titel «Zur Spitalfrage in Grenchen» äusserte sich in einem Brief an den Stiftungsrat ein Arzt. Mit dem Hinweis auf die Entwicklung im Medizinalbereich forderte der Schreiber für das künftige Spital Grenchen eine klare Aufgabentrennung zwischen den Abteilungen Innere Medizin und Chirurgie und lehnte eine einzige ChefarztsteIle als «völlig veraltet» ab. Als gültige Alternative zur Zweiteilung der Aufgabenbereiche sah er das bernische Spitalmodell, nach dem im kleinen Bezirksspital die Ärzte der Region ihre Patienten betreuten. «Meiner Ansicht nach wäre es aber zwischen den grossen Zentren von Biel und Solothurn, denen ohne Zweifel noch eine bedeutende Entwicklung bevorsteht, verfehlt, ein Spital aufzustellen, das mehr als 30 bis 40 Betten beherbergt und diesen Orten Konkurrenz machen wollte.»

Spitalidee wird von der gesamten Bevölkerung mitgetragen

Luftaufnahme vom alten Spital.
Altes Spital mit Gartenanlage.

An der «Spitalschau im Herbst 1952 trug die Bevölkerung Grenchens innerhalb von nicht einmal drei Tagen eine Viertelmillion Franken für das Grenchner Ortsspital zusammen. Am 27. Juni 1953 wurde das Spital, eines der modernsten und zweckmässigsten seiner Zeit, eingeweiht.

Während der Planungsphase für das Ortsspital wurden verschiedene kritische Stimmen laut: Diese bezogen sich jedoch ausnahmslos auf finanzielle und medizinaltechnische Aspekte sowie auf die geographische Nähe Grenchens zu den Spitälern von Solothurn und Biel. Die Kritiker berücksichtigten in ihren Ausführungen aber die emotionalen Beweggründe nicht. Bei der Grippeepidemie 1918 erlebte Grenchen, dass seine erkrankten Bürgerinnen und Bürger im Notfall in den umliegenden überbesetzten Spitäler keinen Unterschlupf fanden und schloss daraus, dass Grenchen selber über ein Spital verfügen müsse. Dieses war für die Menschen der Region Garant für Sicherheit und in einer Stadt, die stets ohne historische Mauern auskommen musste, ein unübersehbares Symbol, dass man eben in einer Stadt mit Zentrumsfunktion lebt.

Die Stadt beteiligt sich am Werk

Noch bevor der Grundstein zum neuen Spital gelegt werden konnte, entwickelte sich aus der ursprünglich als Industriespital geplanten Institution ein Werk für die Bevölkerung. Möglich wurde dieser entscheidende Schritt, weil die Stimmberechtigten der Stadt am 28. Mai 1951 an der Urne mit 1827 Ja gegen 280 Nein und 28 leeren und ungültigen Stimmen beschlossen, eine halbe Million Franken in das Gemeinschaftswerk investieren zu wollen. Der Kanton beteiligte sich im Rahmen einer kantonalen Spitalvorlage mit einer Million am Bauwerk. Diese kantonale Subvention entsprach in ihrer Höhe dem seinerzeitigen Begehren der Bauherrschaft, «berücksichtigt aber die für die nächsten 20 Jahre zu erwartenden Erweiterungen nicht [5]. Das überaus deutliche Abstimmungsergebnis vom Mai 1951 beweist, dass die Bevölkerung Grenchens eindeutig hinter dem Spital stand.

Erfolgreiche «Spitalschau»

Das Spital stand noch im Rohbau, als sich der Stiftungsrat entschloss, vorgängig der eigentlichen Einweihungsfeier in einer «Spitalschau der gesamten Bevölkerung, interessierten Fachkreisen, der Presse, den Gönnerfirmen und den Behörden Gelegenheit zu geben, das im Werden begriffene grosse Werk zu besichtigen. In der Aula des Schulhauses IV wurde die eigentliche Spitalschau aufgebaut, für deren Gestaltung der Grenchner Künstler Ferdinand Kaus verantwortlich zeichnete, «der innert kürzester Zeit ein Werk schuf, wie es nur ein ideenreicher und aufgeschlossener Künstler zu vollbringen vermag. Der Raum wurde geschickt eingeteilt in verschiedene Abteilungen», ist im Bericht über diese Aktion zu lesen. In diesen Abteilungen zeigten die Veranstaltenden die Gegenstände, die in der Küche, der Wäscherei, im Operationssaal und in den Krankenzimmern zur Anwendung gelangen. Man muss sich heute diese originelle Ausstellung als eine riesengrosse und dreidimensionale «Liste de mariage» vorstellen. Es wurden vor allem jene Gegenstände präsentiert, die mit den Spenden der Besuchenden angeschafft werden sollten. «An gut sichtbarer Stelle fand sich der Wahlspruch: «Lass reden dein Herz und öffne die Hände. Gib willig dem Spittel eine freudige Spende». Mitten in der Ausstellung lag das «Goldene Buch» auf, in dem sich die Spendenden eintragen konnten. Diese Spitalschau, die bewusst an der Stelle eines Bazars durchgeführt wurde, hatte unglaublichen Erfolg. In gerade zweieinhalb Tagen spendete die Bevölkerung eine Viertelmillion Franken. Im Schlussbericht zum Spitalbau ist erwähnt, dass sämtliche Spenden Privater und Firmen, die nicht in der Stiftung selber vertreten waren, 354'466 Franken ausmachten. Diese Zahl müsste mehrmals multipliziert werden, um den heutigen Geldwert zu erfassen.

Aus der Baugeschichte

Nach der Eröffnung des Spitals erschien die Broschüre «Das neue Grenchner Spital», in der die wichtigsten Etappen der Baugeschichte, aber auch die Einweihungsfeierlichkeiten und die gehaltenen Reden nachgezeichnet waren. Einleitend legte der Stiftungsrat Wert auf die Feststellung, dass das grosse Bauwerk, an das die Stifter-Firmen 3.805 Millionen Franken leisteten, während der Kriegszeit ausgelöst wurde, in jener Zeit also, als die Firmen Monat für Monat befürchten mussten, von ihren überseeischen Absatzgebieten abgeschnitten zu werden. «Das Spital Grenchen ist somit keineswegs die Frucht einer damaligen Hochkonjunktur, sondern entsprang dem Bedürfnis, den zahlreichen Betriebsangehörigen der Grenchner Industrie die Möglichkeit einer modernen Spitalpflege in Grenchen selbst zu bieten.» Zur Finanzkraft und Bedeutung des ursprünglichen Spitalfonds von Euseb Vogt lesen wir «die Gemeinde Grenchen besass seit Jahrzehnten einen eigenen Spitalfonds, welcher aber hauptsächlich dazu diente, um freundnachbarliche Spenden an das Bürgerspital Solothurn zu leisten, welches für die Grenchner Bevölkerung am nächsten gelegen war.» Auf Grund eines Wettbewerbes unter fünf Architekten wurde das Projekt von Otto Brechbühl, Bern, zur Ausführung bestimmt. Der Bettenhaus Kubus umfasste 14'610 m3, jener des Schwesternhauses 3'146 m3. Mit den Aushubarbeiten wurde am 28. Februar 1952 begonnen. Nach einer Bauzeit von nur 16 Monaten konnte das Gebäude am 27. Juni 1953 eingeweiht werden. Im Eingang des Spitals konnte Ferdinand Kaus, der bereits mit der Gestaltung der «Spitalschau» auf sich und sein künstlerisches Können aufmerksam gemacht hatte, einen vierteiligen Zyklus «Die vier Jahreszeitem> gestalten. Damit dürfte das Grenchner Spital eines der wenigen gewesen sein, in dem vor fünfzig Jahren schon Platz für Kunst vorhanden war.

Gratis Wasser und Strom

Anlässlich der Einweihungsfeier konnte der umsichtige Bauführer Giovanni Crivelli besondere Anerkennung für sein Engagement erfahren. Architekt Otto Brechbühl bezeichnete es als besonders glücklich, dass der designierte Chefarzt E. Schreiber von allem Anfang an bei der Planung und Ausführung beteiligt gewesen sei. Und Gemeindeammann Adolf Furrer teilte mit, dass die Stadt dem Spital Wasser und Strom gratis liefern werde. Die gesamten Baukosten für das Spital Grenchen beliefen sich laut Schlussbericht auf 5.004 Millionen Franken. In diesem Betrag sind die Luftschutzeinrichtungen, die Klimaanlage, die Garagen, die Transformatorenanlagen und das Gartenhaus sowie 136'000 Franken Betriebskosten vor der Eröffnung des Hauses inbegriffen. Das Grundstück, auf dem das Spital steht, kostete 418'374 Franken.

Rudolf F. Schild-Comtesse förderte unablässig das Spital

Getragen und unterstützt von der gesamten Bevölkerung entwickelte sich das Projekt Spital Grenchen positiv. An der Spitze des Stiftungsrats gab Rudolf F. Schild-Comtesse den Takt an und führte das Werk zum guten Gelingen.

«So möge denn unser Spital in diesem initiativen Grenchner Geist und im Geist der Nächstenliebe blühen und gedeihen, das ist unser aller Wunsch.»

Mit diesen Worten schloss Rudolf E Schild-Comtesse seine Ausführungen als Baupräsident des Spital-Neubaus anlässlich der Einweihungsfeier vom 27. Juni 1953.

Lebensaufgabe Spital Grenchen

Mit beispielhaftem Einsatz arbeitete Rudolf F. Schild-Comtesse für das Spital Grenchen. Nach der Einweihung im Jahre 1953 übernahm er das Präsidium der Spitalstiftung. Aus unzähligen Aktenvermerken, Randnotizen und Sitzungsvorbereitungen lässt sich heute noch unschwer das grosse Engagement Schilds nachweisen. Man weiss, dass das Spital sein liebstes Projekt gewesen war. Für Rudolf F. Schild-Comtesse war es ein starkes Kennzeichen Grenchens. Die Verbindung Grenchen – Wirtschaft – Spital zeichnete er anlässlich der Einweihung des Spitals mit folgenden Ausführungen: «Schon aus dem äusseren Gesicht Grenchens spricht deutlich und erfreulich die Steigerung des Lebensstandards unserer ganzen Bevölkerung, und so ist auch unser Spital eine Frucht der schöpferischen Initiative der freien Wirtschaft und ein Beispiel dafür, dass erst durch die Steigerung der Produktivität der Industrie der wahre soziale Fortschritt ermöglicht wird.» Der Grenchner Gemeindeammann Adolf Furrer dankte Rudolf F. Schild-Comtesse für dessen grossen Einsatz:

«Weil Ihnen die Fertigstellung dieser idealen sozialen Institution zum höchsten Anliegen wurde, liessen Sie Ihre ohnehin knapp bemessene Musse und Ihre Kräfte schonungslos im wachsenden Werk aufgehen.»

Nur positive Botschaften zur Einweihung

Spitaleröffnung 1953.

Die Grenchner hatten es geschafft - das Spital stand seit 1953 nicht nur der Bevölkerung Grenchens, sondern auch den kranken Menschen der Region zur Verfügung. Dementsprechend wurden die Vorzüge der Institution an der Eröffnungsfeier hervorgehoben.

An der Eröffnungsfeier vom 27. Juni 1953 begrüssten zahlreiche Redner das neue Spital und würdigten seine Bedeutung. Der Solothurner Regierungsrat Urs Dietschi sagte zur Geschichte des Spitals: «Noch vor wenigen Jahren herrschte in weiten Kreisen, vor allem auch in führenden Ärztekreisen die Meinung vor, ein zentraler Ausbau von Solothurn mit entsprechend mehr Mitteln sei viel zweckmässiger. lch bin fast ein wenig stolz und freue mich, unter den Fachgelehrten als «Weltkind in der Mitte» oder als Vertreter des gesunden Menschenverstandes die andere Meinung vertreten zu haben.» Regierungsrat Urs Dietschi sprach den Grenchnerinnen und Grenchner sicher aus dem Herzen, als er fortfuhr: «Genauer habe ich das nicht als Vertreter des Menschenverstandes sondern des Menschenherzens getan, leuchtet es doch ein, dass es viel menschlicher ist, in der eigenen Heimat Hilfe und Pflege finden zu dürfen, und dies ganz besonders, wenn es in einem kleineren traulichen Krankenhaus geschehen kann, in dem die menschlichen Massstäbe viel besser gewahrt werden können.» Zur Zukunft meinte er: «Und sollte es sogar wahr sein, dass Ihr Spital so sehr floriert, dass es schon bald vergrössert werden muss, dann bin ich überzeugt, dass das Solothurner Volk seine Solidarität gegenüber den wagemutigen Grenchnern nicht vergessen wird, so wenig es die Grenchner je an ihrer Pflicht gegenüber den anderen Teilen des Kantons haben fehlen lassen.» Ein besonderes Gastgeschenk brachte Gemeindeammann Adolf Furrer mit an die Einweihungsfeier. Die Gemeinderatskommission hatte nämlich beschlossen, dem Spital keine Strom und Wasserrechnungen zu stellen. Fürwahr, ein grosses Geschenk, dessen Wert später auf jährlich 75'000 Franken beziffert wurde.

Das Frauen-Komitee

Eine wichtige Rolle beim Bau und vor allem der Ausstattung des Spitals spielte das sogenannte Frauen-Komitee. Diesem Komitee gehörten die Ehefrauen der Baukommissionsmitglieder sowie die Frau des designierten Chefarztes an. Ebenso die Oberschwester Hanni Wegmüller und die Verwalterin G. Gröbli. ln 80 Sitzungen seit 1951 befasste sich diese Arbeitsgruppe mit der Ausrüstung der Institution. So wurden beispielsweise erworben: 2'000 Leintücher, 600 Kopfkissen, 1'000 Langkissen, 1'345 verschiedene Tücher und 1 '000 Meter Operationsstoff (total Lingerie 120'000 Franken). Hinzu kamen 800 Möbel (68'000 Franken). 1'250 Stück Besteck (8'000 Franken), 2'800 Stück Geschirr (16'000 Franken), 1 '800 Meter Vorhänge (22'000 Franken), 140 Betten und Matratzen (102'500 Franken). Von allem Anfang an war das Spital Grenchen in der Region verankert. Zwanzig Jahre nach Eröffnung der Institution, 1973, wurden im Spital Grenchen 398 Patienten und Patientinnen aus bernischen Gemeinden betreut. Zu oberst auf der Liste stand Lengnau mit 139 Patientinnen und Patienten. Auch aus Arch und Pieterlen, Leuzigen und Büren kamen viele Menschen, um hier Pflege zu finden. Einige fanden aus Tramelan und Sigriswil, aus Worben und Bern den Weg ins Grenchner Spital.

«Ah, chez Guggenbuhl!»

Als der Autor dieser Serie auf einer Velotour von Genf nach Beziers unterwegs war, übernachtete er in einem kleinen Dörfchen im Rhônetal. «Woher kommen Sie?» fragten die Männer an der Theke. «Aus der Deutschschweiz, zwischen Bern und Basel», lautete die Antwort. «Woher genau?» - «Aus Granges.» - Die Antwort kam rasch: «Ah chez Guggenbuhl!» - und schon wussten etliche der Anwesenden ungemein spannende Geschichten zu erzählen, wie der sagenhafte Spitalarzt aus Granges einen Onkel, eine Tante oder wer weiss wen immer mit einer Operation gerettet hat.

Ein Millionen-Geschenk an den Staat

Altes Spital.
Altes Spital mit Jura.
Altes Spital, Ansicht von westen.

Nachdem die Stifter-Firmen von 1953 bis 1968 auch das Defizit des Grenchner Spitals übernommen und die Stadt die Kosten für Wasser und Strom getragen hatten, ging die schuldenfreie Institution 1975 praktisch an den Kanton über.

Bevor sich noch der Besitzerwechsel des Spitals an den Staat Solothurn abzuzeichnen begann, musste das Schwesternhaus aufgestockt und neue Gartenhäuser erstellt werden. Am 11. August 1958 wütete nämlich ein heftiger Sturm über Grenchen und beschädigte das Schwesternhaus des Spitals schwer. Zusammen mit der Instandstellung erfolgte auch eine Aufstockung des Gebäudes. Knapp ein Jahr später, am 4. September 1959, erfolgte dann die Einweihung dieser Neubauten. Der Spitalfonds der Grenchner Industriefirmen übernahm auch hier die Kosten von 328'562 Franken für das Schwesternhaus und von rund 40'000 Franken für die Gartenhäuschen, die von Spitalgärtner Aebi benutzt wurden.

Die Verhandlungen beginnen

Nach langen Verhandlungen unterzeichnete der Stiftungsrat 1969 «auf Druck der Krankenkassen und des Staates[6]» den Tarifvertrag mit den Krankenkassen. Im Gegenzug übernahm der Kanton im Rahmen der Spitalgesetzgebung die jährlichen Defizite des Spitals Grenchen. In den sieben Jahren von 1969 bis 1975 waren dies gesamthaft 3.267 Mio. welche der Staat zu tragen hatte. Die Stiftung Spitalfonds Grenchen blieb präsent und leistete noch immer sehr viel für die Institution: Die Stifter-Firmen übernahmen bis 1977 den gesamten Gebäudeunterhalt. Ferner ist in einer Aktennotiz zu lesen «Die Industrie übernimmt bis 1977 freiwillig und kostenfrei die Führung der Spitalverwaltung (Buchhaltung, Inkasso, Finanzverwaltung etc.). Zusammengerechnet dürfte sich hier ein sehr grosses finanzielles Engagement beziffern lassen. Nicht zu vergessen ist: In den ersten 16 Jahren übernahmen die Stifter-Firmen Jahr für Jahr die Defizite. Gleichzeitig trug die Stadt die Kosten für Strom und Wasser im Werte von rund 75'000 Franken im Jahr.

Der Übergang

Als sich der Übergang des Spitals an den Kanton deutlich abzeichnete, beantragte der Stiftungsrat am 11. September 1973 in einem Brief an das Sanitätsdepartement, dass zur Verwaltung des neuen (damals noch in Planung begriffenen) Spitals auch eine neue Spitalkommission eingesetzt und gleichzeitig die Strukturen der bisherigen Spitalstiftung beibehalten werden. Damals wurde auch die Idee laut, in den Gebäulichkeiten des «jetzigen Spitals)) ein Pflegespital einzurichten. Dessen Aufwand, so die Meinung des Stiftungsrates, könnte vom Kanton als kleines Entgelt für die bisherigen Leistungen, welche die Industrie erbracht habe, getragen werden. In diesem Zusammenhang monierte der Stiftungsrat, dass er wahrscheinlich das Land für das neue Spital zwar im Baurecht (das heisst, das Land sollte weiterhin im Besitze der Stiftung von 1943 bleiben), aber entschädigungslos zur Verfügung stellen müsse. Der Wert dieses Baurechtes wurde vom Stiftungsrat auf zwei Millionen Franken geschätzt. Am 26. November 1975 teilte der Stiftungsrat Spitalfonds Grenchen den Stifter-Firmen mit: «Nachdem der Staat nun die vollen Betriebsdefizite übernimmt, ist es gegeben, dass der Staat auch die verantwortliche Führung unserer Spitalstiftung, das heisst die Mehrheit im Stiftungsrat beansprucht.» In der Folge erhielt der Kanton mit fünf Sitzen die Mehrheit, während die Industrie Grenchens noch drei Sitze beanspruchen konnte. Zusätzlich war auch die Gemeinde Grenchen mit einem Sitz in der Spital-Behörde vertreten. Im Zeitpunkt der Neuordnung besass das Spital, das seinerzeit rund fünf Millionen Franken gekostet hatte, nach den Berechnungen des Stiftungsrates einen Neuwert von 13.5 Mio. Franken und das Grundstück im Umfang von 30'089 Quadratmeter hätte gut und gerne 3,1 Mio. Franken gekostet. Gestützt auf diese Berechnungen erklärte der Stiftungsrat: «Dies bedeutet, dass die Grenchner Industrie, das heisst, die Stifter-Firmen dem Staat Solothurn 16,25 Millionen Franken schenken, die sonst in der Spitalvorlage neu finanziert werden müssten.» Der noch nicht überbaute Teil des Grundstückes reichte denn auch aus, um neben dem ursprünglichen auch das jetzige Spital erbauen zu können.

Robert Mathys feiert

Als die Instrumentenfabrik von Robert Mathys 1971 in Bettlach ihr 25-jähriges Bestehen feiern konnte, übergab der Pionier dem Spital Grenchen ein von ihm in engster Zusammenarbeit mit Ärzten entwickeltes Instrumentarium für operative Knochenchirurgie. Der Wert dieses Geschenkes wurde mit 20'000 Franken angegeben. Für das Grenchner Spital aber war es wichtig, dass dank dieses Geschenkes das zu der Zeit modernste Instrumentarium zur Verfügung stand. Robert Mathys fühlte sich dem Grenchner Spital eng verbunden. Aufbauend auf den Erfahrungen der Ärzte, allen voran August Guggenbühl, konnte Mathys seine enorm wichtige Arbeit fortsetzen. Er übernahm später das Präsidium der Stiftung Spitalfonds Grenchen. Immer wieder erlebte man, dass bei besonderen Anlässen das Spital unterstützt wurde.

25 Jahre Spital Grenchen

Mit einer Informationswoche feierte man im Juni 1978 das 25-jährige Bestehen des Grenchner Spitals. Aus Solothurn war Regierungsrat Rudolf Bachmann zur Feier gekommen. In einer Ansprache erklärte er, dass in der jetzigen Zeit kein Ort mehr in der Lage sei, ein Spital aus eigener Kraft betreiben zu können. Im Blick auf das neue Spital meinte er, das neue Akutspital werde der Stadt und Region Grenchen zum Segen gereichen.

Das neue moderne und zweckmässige Spital wird bezogen

Ende Oktober 1982 wurde das neue Spital feierlich eingeweiht, und am 3. Januar 1983 zogen die ersten Patienten in einer eindrücklichen Aktion vom alten ins neue Spital.

Nach vielen Diskussionen, Berechnungen und Reduktionen am ursprünglichen Bauprogramm wurde das neue Spital, nur einen Steinwurf weiter südlich vom bestehenden und nun «alten» Spital, feierlich eingeweiht. Im «Grenchner Jahrbuch 1982» schilderte Gerald Lechner Vorgeschichte des Bauwerkes und der Einweihungsfeier. Diesem Bericht entnehmen wir folgendes zur Vorgeschichte: «[[1967 fanden erste Besprechungen mit Ziel eines zukünftigen Neubaus statt, ermöglicht durch die Planungsvorgaben der Spitalvorlage V. 1976 dann genehmigte der Kantonsrat das Gesamtkonzept und (in zwei Etappen) die Kredite von 39.8 Millionen Franken, 7.6 Millionen davon für die Zivilschutzbauten und die darüber liegende Autoeinstellhalle.» Die Verantwortung für das grosse Bauwerk lag bei der Architektengemeinschaft R. + K. Landolt aus Zürich und Niggli & Gutknecht, Grenchen. Aus dem Bericht von Gerald Lechner weiter: «Am 29. März erfolgte der erste Spatenstich für den Spitalneubau mit einer Gesamt-Kubatur von 75'250 m3. 15'000 m3 Eisenbeton, 1'500 Tonnen Armierungsstahl, 6.5 km Heizungsleitungen, 11.5 km Sanitär- und 70 km Elektroleitungen wurden benötigt - und schliesslich auch rund 45 Millionen Franken.» Im Spitalneubau befanden sich 119 Akutbetten und hervorragende technische Einrichtungen nach dem Motto «Modern und menschlich», mit dem Chefarzt August Guggenbühl seinen Beitrag in der Sonderbeilage des «Grenchner Tagblatt» überschrieb. In der Geschützten Operationsstelle des Zivilschutzes wurden 248 Liegestellen installiert, und in der Schutzraumanlage fand sich Platz für 540 Personen. In seinen Ausführungen zum neuen Spital griff Chefarzt August Guggenbühl auch die Frage nach einer eigenen Schwesternschule auf. Grenchen wolle auf die Führung einer solchen verzichten und dafür Schwesternschülerinnen aus Bern und Solothurn Gelegenheit geben, in Grenchen ihr Praktikum zu absolvieren.

Eine «Kalberei» oder nicht?

Sanitätsdirektor Rudolf Bachmann stellte in seiner Festansprache fest, er könne von Baudirektor Walter Bürgi «ein Werk ohne Fehl und Tadel übernehme, allerdings ohne zu wissen, ob ich dies nun mit stolzgeschwellter Brust oder mit dem Kopf zwischen den Schultern tun soll.» Im Vorfeld des Bauwerkes seien Stimmen laut geworden, welche den Spitalneubau in Grenchen, geographisch nahe beim Solothurner Bürgerspital als eine «Kalberei» bezeichneten. Regierungsrat Bachmann fuhr fort: «Grenchen hat sein neues Spital zu Recht. Ärzte, Pflege- und Betriebspersonal können nun unter verbesserten Bedingungen den guten Ruf noch mehren. Möge das neue Spital stets ein Zeuge der ungebrochenen Lebenskraft von Stadt und Region Grenchen sein und bis in eine weite Zukunft beweisen, dass es ein richtiger Entscheid war, den Kredit für seinen Bau zu bewilligen.» Der Goldene Schlüssel wurde von Reitern überbracht und schliesslich durfte ihn Stiftungsratspräsident Robert Mathys entgegennehmen. Nach der Einweihung folgte das grosse Spitalfest unter der Regie von Verwalter Hans-Jürg Tinner. Am Schluss des Anlasses klimperte der schöne Reingewinn von 42'000 Franken in der Kasse. Das Geld war bestimmt für den Fonds zu Gunsten von Langzeit- und Geriatrie Patienten. Am 3. Januar 1983 wurde das neue Spital bezogen. Die Aktion Patienten zügeln war ein minutiös vorbereiteter Transfer, von dem alle Betroffenen, unter ihnen auch der damalige Patient Teddy Buser, der heutige Chef des Amtes für Volksschule und Kindergärten (AVK). Noch immer weiss er detailliert von diesem Patientenumzug zu berichten.

Das Kunsthaus im Spital

Im Spital Grenchen wagte der Kanton etwas Neues: Er setzte eine Kommission aus Mitgliedern der Fachkommission Bildende Kunst des Kuratoriums für Kulturförderung und Vertretern der Stadt Grenchen ein, um den künstlerischen Schmuck im Spital zu bestimmen. Als Schwerpunktprojekt wurde die mehrteilige Plastik «Blumenweg» von Peter Travaglini ausgewählt. Dazu kam als zweiter Schwerpunkt ein grosses Bild von Walter Emch im Eingangsbereich des Spitals, das dem Spital vom LionsClub Grenchen anlässlich seines 20-jährigen Bestehens geschenkt wurde. Das Experiment des Kantons wurde zu einem vollen Erfolg. Das «Grenchner Modell» wurde später auch anderswo mit dem gleichen überzeugenden Erfolg angewandt. Insgesamt sind im Spital Grenchen 249 Kunstwerke zu finden, die in einem Kunstführer 1997 aufgelistet wurden. Diese ausgezeichnete Schrift wurde seinerzeit in einer Auflage von 6000 Exemplaren ausgedruckt.

Kampf um die Frauenklinik

Die Geschichte des Spitals Grenchen ist noch nicht zu Ende geschrieben. Zweitletzte grosse Ereignis war 1994 der durchaus erfolgreiche Kampf um den Erhalt der Frauenklinik am Spital Grenchen.

Bereits im Mai 1989 konnte man in den «SO Nachrichten» lesen «Soll die Frauenklinik in Grenchen aufgelöst werden?». Für den damaligen Grenchner Stadtammann Eduard Rothen war das jedoch kein Diskussionsthema. Er berief sich auf die Spitalvorlage IV. nach der in den Regionalspitälern die medizinische Grundversorgung erhalten bleiben müsse. «Die Geburtshilfe und die Gynäkologie sind Bestandteile der medizinischen Grundversorgung, und wir werden alle Mittel anwenden, um diese Versorgung aufrechterhalten zu können», sagte Eduard Rothen. Die SP Grenchen lancierte eine vorsorgliche Petition gegen die Schliessung, die in kürzester Zeit von 850 besorgten Personen unterschrieben wurde. Dr. Alfred Wacek, Chefarzt der Gynäkologie-Geburtshilfe in Solothurn, votierte damals für die Zusammenlegung der Frauenkliniken bei der Spitäler. Einschränkend meinte er, man könne in der Medizin nicht gleich rationell handeln wie in der Industrie.

1994 ging der Kampf los

Nur elf Jahre nach der Eröffnung des neuen Spitals sollte nach Meinung des Regierungsrates die Frauenklinik in Grenchen geschlossen und ins Bürgerspital Solothurn überführt werden. Doch in einer bisher beispiellosen Aktion setzte sich die Bevölkerung zur Wehr und 5322 Stimmberechtigte aus Grenchen, Selzach und Bettlach unterschrieben eine Volksmotion. Das Aktionskomitee stellte ein 60 Punkte umfassendes Argumentarium zusammen und bewies unter anderem, dass mit der Schliessung der Frauenklinik keine Einsparungen möglich sein werden. Dieses Argumentarium wurde sämtlichen Mitgliedern des Solothurner Kantonsparlaments zugestellt. Redaktor Bruno Utz vom «Grenchner Tagblatt» stellte in einem Kommentar dazu fest: «Positiv ist auch, dass das Aktionskomitee versucht, möglichst viele Kantonsräte zum Gespräch ins Grenchner Spital zu bringen. Hier können die Entscheidungsträger nämlich am besten feststellen, was Fiktion und was Wahrheit ist.» Diese Augenscheine vor Ort überzeugten in der Folge. Dem Aktionskomitee gehörten neben Stadtpräsident Baris Banga und Hansjörg Tinner, die sich auch heute wieder für die Zukunft des Grenchner Spitals einsetzen, Teddy Buser, Peter Brotschi und Gerhard Müller an. Der damalige Stiftungsratspräsident des Grenchner Spitals, Robert Mathys, vermeldete gerne das Ergebnis der Jahresrechnung 1993, die mit einem Überschuss von 66759 Franken abgeschlossen werden konnte. Ein landesweit einmaliges Rechnungsergebnis.

Verlegung abgelehnt

Am 8. September 1994 konnte das «Grenchner Tagblatt» berichten: «Die Frauenklinik am Spital Grenchen bleibt erhalten. Gestern lehnte der Kantonsrat die Verlegung ans Bürgerspital Solothurn deutlich ab. Der lange gemeinsame Kampf von Politikern und Einwohnerinnen und Einwohnern aus der Region Grenchen hat sich ausbezahlt.» Starken Symbolcharakter besass die Geschichte von Ruth Müller aus dem bucheggbergischen Mühledorf. Am Morgen des 7. September 1994 demonstrierte sie mit den Grenchnerinnen und Grenchnern vor dem Solothurner Rathaus für den Fortbestand der Grenchner Frauenklinik. Noch bevor der Kantonsrat abgestimmt hatte, brachte sie um 11.47 Uhr ihren Sohn Cyrill Peter zur Welt. - Wo? - Natürlich im Spital Grenchen.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 Werner Strub „Heimatbuch Grenchen“ Vogt-Schild AG, Solothurn, 1949
  2. Schlussbericht über den "Bau der normalspurigen Hauptlinie Münster-Lengnau", Selbstverlag der BLS 1917
  3. "50 Jahre Samariterverein Grenchen" Jubiläumsschrift, Niederhäuser AG, Grenchen, 1948
  4. Gemeinderatsprotokoll 14. September 1915
  5. Broschüre «Das neue Grenchner Spital»,
  6. Aktennotiz 4.12.75

Quellen

Weblinks