Grenchen, nein danke, ich lebe gerne in meinem Quartier

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Kultur-Historisches Museum Grenchen: Eine Austellung im Rahmen der Grenchner Wohntage 2007, vom 31. Okt. 2007 - 24. Feb. 2008.

Einleitung

Grenchen - ein Kaff!

In Grenchen zu leben - und speziell im Lingeriz-Quartier - wird nicht überall als positive Referenz empfunden. Vor allem auch von Aussenstehenden wird Grenchen - wenn überhaupt - vielfach negativ wahrgenommen, was auch auf die einheimische Bevölkerung abfärbt. Es werden Aussagen gemacht wie: "ich wohne schön in Grenchen, aber die Stadt? - ist ein Kaff!" Was ist hier los?

Aufwertung Grenchens als Wohnstadt

So ist denn auch die weitere Aufwertung Grenchens als Wohnstadt fester Bestandteil der Zielsetzungen im Businessplan, dem wirtschaftlichen Entwicklungsleitbild der Stadt Grenchen. Was ist aber konkret zu unternehmen?

Um hier Klarheit zu bekommen, wollten Behörden und Verwaltung von der Bevölkerung wissen, was es braucht, damit man gerne in Grenchen wohnt. So wurden 2006 zwei Projekte gestartet mit dem Ziel, aus erster Hand - von der direkt betroffenen Bevölkerung - Hinweise und Erkenntnisse zu erhalten um weiter Massnahmen zur Förderung der Wohnqualität in der Stadt Grenchen definieren zu können. Dazu wurde je eine Fachhochschule mit den Fachrichtungen Sozialplanung und Stadtentwicklung mit der Projektleitung beauftragt. Die Projekte wurden finanziell von Bund, Kanton und der Rosmarie & Armin Däster-Stiftung unterstützt. Die beiden Projekte, insb. deren Ergebnisse werden in der Ausstellung näher erläutert.

Die beiden Projekte

Das Projekt "Wohnstadt Grenchen" soll die Erkenntnisse liefern, um die Wohnqualität der Stadt zu fördern. Neben der Befragung von Funktionsträgerinnen und Funktionsträgern sowie zielgruppenspezifischen Sozialraumanalysen in den Quartieren Kastels und Ziegelmatt war die Bevölkerungsumfrage der Kernpunkt des Projektes. Von den 3'500 verschickten Fragebogen sind 30% beantwortet zürückgekommen. Dies zeigt ein grosses Interesse der Bevölkerung und ergibt eine repräsentative Sicht der Dinge. Die detaillierte Auswertung der Antworten zeigt eine differenzierte Sichtweise auf die Stadt von Bewohnerinnen und Bewohner je nach Alter, Herkunft oder Geschlecht. Daraus abgeleitet entstanden detaillierte, auf die jeweiligen Orte bezogene Empfehlungen als Grundlage für zukünftige Schritte der Stadtentwicklung. Projektleitung: Fachhochschule Nordwestschweiz / Inst. für Sozialplanung und Stadtentwicklung

Das Projekt "Läbigs Lingeriz" soll das Zusammenleben im Lingeriz-Quartier fördern und das angeschlagene Image positiv beeinflussen. Das Projekt war ausgerichtet auf eine möglichst breite Beteiligung der im Lingeriz lebenden Personen. Nach dem Prinzip "Lingerizer befragen Lingerizer" entstand eine volksnahe Quartieranalyse. Die aus dem Projekt hervorgegangenen Projektideen und Massnahmenschwerpunkte sind das Ergebnis verschiedener Workshops mit BewohnerInnen und Eigentümerschaft. Die Umsetzung mit dem Ziel, den gesellschaftlichen Zusammenhalt im Quartier zu fördern, das Image positiv zu beeinflussen und eine bauliche Aufwertung in Gang zu bringen, soll in enger Zusammenarbeit mit Bevölkerung und Liegenschaftseigentümern geschehen. Projektleitung: Hochschule für Soziale Arbeit HSA Luzern Mitarbeit: Verein Granges Mélanges Grenchen

Ergebnisse, Empfehlungen und Schlussfolgerungen

Die Ergebnisse dieser beiden Projekte sind in dieser Ausstellung präsentiert. Sie zeigen das Bild der Grenchnerinnen und Grenchner, welches sie von ihrer Stadt haben. Die Besucherinnen und Besucher sind nun gebeten zum Stift zu greifen und Verbesserungsvorschläge zu machen. Deponieren Sie Ihre Vorschläge in der Ausstellung im Kultur-Historischen Museum Grenchen oder wenden Sie sich direkt an die Baudirektion der Stadt Grenchen.

Welche Quartiere werden von den Fachpersonen wie charakterisiert?

Schmelzi

Dieses hatte eine eigene "Beiz" (das "Bellevue"), die dann einer Überbauung weichen musste. Später entstand am selben Ort das Restaurant "Feldschlösschen". Das Schmelzi-Quartier hat bis heute eine eigene Fasnachts-Zunft, die "Schmelzi-Zunft", die auch zuständig ist für den "Böög". Früher hiess dieses Gebiet nicht Schmelzi, sondern "ob de muren". Denn es gab dort eine Mauer, oberhalb derer Reben angebaut wurden. Ende der 1950er Jahre hat sich dieses Gebiet noch als "klassisches Quartier" verstanden, so die Auskunft der Interviewpartner. Durch die Überbauungen und die Neubesiedlungen sowie den raschen Strukturwandel der Bevölkerung habe dieses Bewusstsein allerdings abgenommen.

Kastels mit der Studen

Volkslieder geben noch Hinweise darauf, dass früher eher der Begriff Studen verwendet wurde. Das Zentrum des Kastels bilden das Schulhaus und der Lebensmittelladen. Früher war das angrenzende Gebiet eine eigenständige Siedlung: das Tripoli, beim Tunnelbau für die italienischen Gastarbeiter gebaut.

Schönegg

Auch das Schönegg hatte früher, als es noch einen Schiessplatz gab, ein Zentrum. Vom Restaurant mit dem Turm als Aussichtspunkt ging eine Rutschbahn weit ins Dorf hinunter. Heute muss das Gebiet wohl einem anderen Quartier (Schmelzi oder Studen/Kastels) zugeordnet werden.

Riedern

Charakteristisch für das Riedern ist, dass dort nach dem Zweiten Weltkrieg Baracken für die Notleidenden gebaut wurden. Bereits nach dem Ersten Weltkrieg, während der ersten Wohnungsnot, wurde in diesem Gebiet ein grosses, zweiteiliges Mehrfamilienhaus vis-a-vis vom Bahnhof gebaut, das noch heute der Gemeinde gehört. Das war die "klassische" Riedern, die heute als "Brühl" bezeichnet wird. Als die Baracken abgerissen wurden, baute man an der Hohlenstrasse (Kastels) Sozialwohnungen. Deshalb nennt man in Grenchen diese Häuser "Riedern-Alp": von der Riedern hinauf, neu gebaut, auf das Kastels.

Brühl

Zum Brühl gehört das Sportgebiet sowie das Gas- und Wasserwerk.

Bachtelen

Das Bachtelen ist geprägt vom Kinderheim Bachtelen, doch seine Geschichte beginnt um 1800, als Josef Girard von diesem Ort Wasser trank, was seine Schmerzen linderte. Darauf baute er an diesem Ort ein Heilbad. International berühmt wurde das Bad durch Giuseppe Mazzini, der Gründer und Ideologe des modernen vereinten Italiens, der auf der Flucht im Bachtelen lebte. Nach einer späteren Zwischennutzung als Ausbildungsinstitut ist das ehemalige Bad seit 1916 das Kinderheim Bachtelen, eine bekannte heilpädagogische Institution, die heute gleichzeitig das Zentrum des Bachtelen-Quartiers bildet.

Lingeriz/Ruffini

Das Lingeriz/Ruffini wurde in den 1950er Jahren als Pionierleistung und als Antwort auf die Wohnungsnot "aus dem Boden gestampft". Es sind hauptsächlich Genossenschafts-Wohnblöcke, die das Quartier bilden. In jüngerer Zeit investierte, laut Interviewaussagen, kaum ein Eigentümer mehr in die Gebäude, weshalb das Gebiet allmählich verkommt. In diesem Quartier konzetriet sich eine "sozial schwächerer" Bevölkerungsschicht. Rund 50% der Einwohner sind Ausländer.

Munters

Munters ist ein jüngeres Quartier mit Einfamilienhaus-Charakter und Reihenhäusern - oder eben doch kein Quartier: unsere Gesprächspartner waren sich da nicht so einig. Es gibt ein peripheres Schulhaus und "ein Zentrum ist nicht auszumachen. Der einzige Laden des Quartiers ist der in die ehemalige Coop-Filiale eingezogene Lebensmittelmarkt, der vor allem türkische Personen aus der ganzen Region bedient. "Der ist eher ein ethnisches Zentrum" so die Gesprächspartner.

Ziegelmatt

Das Ziegelmatt (in der Karte ohne Bezeichnung) wird als weitgehend identitätslos beschrieben. Das Spital prägt dieses Gebiet, die Durchfahrtsstrassen Richtung Bettlach, Solothurn zerteilen es. "Es ist keine Art zentraler Einrichtungen zu erkennen." "Ein mögliches Zentrum wäre das Spital und es gibt noch eine Bäckerei, die genau an der Grenze zum Kastels liegt."

Zentrum

Im Zentrum hat es in letzter Zeit viele Veränderungen gegeben, zuletzt den Umbau des Hochhauses. "Das wesentliche Merkmal ist die starke Durchmischung von Gewerbe, Industrie und Wohnen." Wenn im Interview von Dienstleistungen und Läden gesprochen wurde, konzentrierten sich die Ausführungen auf das Zentrum, den Marktplatz. Der Marktplatz ist ein sehr klar gestalteter Platz, der "nicht unnötig möbliert" ist, damit es Platz für verschiedene Nutzungen gibt. Das ursprüngliche Zentrum von Grenchen war die alte Post, die auch die Gemeindeverwaltung beherbergte. Vor der Post gab es einen grossen Platz mit einem Wetterhäuschen. "Dort haben sich die Leute getroffen."

Was sagt uns die Befragung der Fachpersonen?

Die Befragung war eine erste Annäherung an Grenchen und sollte die Bevölkerungsbefragung vorbereiten.

Folgende Erkenntnisse haben wir aus der Befragung erhalten:

Die "Logik", nach der die verschiedenen Institutionen, Organisationen und Gruppierungen Grenchen in Einheiten oder Quartiere einteilen, ist sehr unterschiedlich. Die Begriffe "Quartier", "Gebiet" und "Raum" werden dabei oft synonym verwendet.

Die Differenzierung von Grenchen reicht von vierzehn bezeichneten Einheiten/Quartieren (aufgrund alter Karten und Flurnamen) bis zur groben Unterteilung in Nord- und Südgrenchen, bei der die Kantonsstrasse Solothurn-Biel die entscheidende Grenze markiert. Einzelne Differenzierungen leiten ihre Bezeichnungen aus der historischen Entwicklung der Stadt Grenchen ab und verbinden damit die Annahme einer Quartierbildung.

Auch wenn die Unterteilungen aus sehr unterschiedlichen Perspektiven vorgenommen werden, zeichnen sich Gemeinsamkeiten von Gebieten ab. Stadtgebiete, die immer wieder ähnlich charakterisiert werden, liegen zumeist Hang aufwärts bzw. nördlich des Zentrums (Bachtelen, Däderiz, Schmelzi). Im Osten der Stadt differieren die Bezeichnungen sehr viel stärker, zudem treten Flächen auf, deren Qualifizierung als Quartier nicht klar ist (ob z.B. das Ziegelmatt eine Strasse, ein Quartier oder eine Siedlung ist). Andere Gebiete (z.B. rund um das Schulhaus Zentrum oder Gebiete südlich der Hauptstrasse, ausgenommen Riedern) haben keine Namen oder werden mit sehr verschiedenen Bezeichnungen geführt.

Zwei Gebiete werden sehr häufig genannt: Das Lingeriz und das Zentrum. Das Lingeriz wird als das "Problemquartier" (renovationsbedürftige, schlecht unterhaltene Häuser und Wohnungen, hoher Ausländer/innenanteil, Ansammlung von Sozialhilfebezüger/innen) von Grenchen beschrieben. Im Zusammenhang mit dem Zentrum wird vor allem die Umgestaltung des Marktplatzes und die Entvölkerung bzw. dass es hier zu wenig Leben gibt, thematisiert.

Mit den Bahnhöfen und dem Marktplatz wiederum sind drei Örtlichkeiten vorhanden, die - wie in anderen Städten auch - durchaus die Bedingungen für ein Zentrum für die Bevölkerung erfüllen könnten (bis anhin wird nur der Marktplatz entsprechend aufgewertet).

Die Stärken von Grenchen sind vielfältig: Es gibt Freiflächen, eine gute Anbindung, Möglichkeiten des ländlichen Lebens mit städtischem Zentrum, geringe typische "Stadtprobleme", eine Durchmischung von privatem Wohneigentum und Mietobjekten, Arbeitsplätze im Industriebereich und für Hochqualifizierte. Die Belebung der Quartiere im Sinne einer Strategie "Quartiere mit Profil" sollte entsprechend differenziert (und partizipativ) umgesetzt werden.